Zum Schwerpunkt "Die Krise der SPD" und zum Artikel "Der Staat, das Kapital und die Linke" von Yaak Pabst und Win Windisch (Heft 3)
Die Frage ist, was linkssozialistische-kommunistische Kräfte in Situationen verschärften Klassenkampfes – wie in den 20er Jahren, aber auch heute – tun können. Es greift zu kurz, wie Marcel Bois und Florian Wilde sagen, dass die Einheitsfrontstrategie vorzuziehen sei, weil Beschimpfungen gescheitert wären. Es hat der Linken als Opposition bis jetzt zu beachtlichem Erfolg gereicht, den Verrat durch die SPD, den Stefan Bornost und Christine Buchholz ja großartig beschreiben, anzuprangern. Die Einheitsfrontstrategie in den 20ern wurde gerade nicht gewählt, um Regierungsfähigkeit vorzubereiten, sondern weil es gegen das größere Übel, den Faschismus, zu kämpfen galt.
In diesem Zusammenhang muss man auch Poulantzas lesen, der sich auf die griechische Situation bezieht. Win Windisch und Yaak Pabst sind sich hoffentlich im Klaren: Poulantzas geht es nicht darum, zu argumentieren, dass Sozialreformen im Kapitalismus die gewünschten Verbesserungen hervorbringen können, sondern darum, dass der Staat Terrain des Kampfes gegen rechts sein muss, ist und sein kann. Als Linke dürften wir uns in einer solchen Situation nicht abkapseln. Wo es gegen den Faschismus geht, gehören alle Antifaschisten bis hin zum demokratischen Zentrum in ein Boot.
Aber hier geht es um etwas anderes: Wo unsere heutige Linke die Opposition aufgegeben hat und in die Regierung gegangen ist, hat sie nichts vollbracht, als den Kurs der Sozialdemokratie aufzunehmen. Dann wird der Kampf um den Staat und die Theorie des kleineren Übels natürlich ein Unding. Darum ist es aus meiner Sicht absolut falsch, aus einer verkürzten Darstellung der Einheitsfrontstrategie und ihres Kontexts die Berechtigung für Regierungseintritte ableiten zu wollen.
Auch Michael Brie und Dieter Klein haben das im Übrigen nie getan, sondern sie glauben wirklich an die Möglichkeit einer allmählichen Transformation durch Reformen, für die sie allerdings noch die "richtige Strategie / die richtigen Einstiegsprojekte", bzw. "Mehrheiten" suchen. Unsere Aufgabe als Kommunisten und Linkssozialisten besteht darin, dem klare Minimalbedingungen entgegenzusetzen, unter denen wir überhaupt in Regierungen eintreten würden, wie dies Oskar Lafontaine und auch die Kommunistische Plattform mehrfach getan haben.
Es ist illusorisch zu glauben, wie Marcel Bois und Florian Wilde mit ihrer viel zu weit hergeholten historischen Analogie andeuten, dass man, indem man als 12-Prozent-Partei die SPD "konsequent" an ihre Versprechen erinnert, diese dazu zwingen wird, diese wirklich einzulösen. Im Gegenteil, man wird diese dann selbst aufgeben. In unserer Situation – da haben Yaak Pabst und Win Windisch völlig Recht -, ist das Kampffeld Staat für uns kaum der Mühe wert. Es kann nur eine Niederlage daraus werden.
Carla Krüger, Berlin