Olaf Scholz wäre wirklich eine super Krimi-Figur. Assmann & Krause über Bundeskanzler, Bananenrepublik und Brechmittel
Auf Netflix, Amazon Video Prums und sonstigem EFMÖRF (Ersatz für miserables öffentlich-rechtliches Fernsehen) gibt es unzählige Krimis. Meist geht’s um kauzige Kommissare mit harter Schale und weichem Hirn, und weil sich auch die Gangster-Geschichten ähneln wie eine Politiker:innen-Phrase der anderen, hier mein bescheidener Drehbuch-Vorschlag: Ein Hamburger Schönling mit Eierkopf, nennen wir ihn mal Olaf, wird trotz starker Benachteiligung als SPD-Mitglied Spitzenpolitiker und lässt seine Bullen im Großstadtrevier Verdächtige ermorden und harmlosen Demonstrant:innen die Knochen brechen. Dann wird er Teil einer Verschwörung, die per Gesetz Millionen Menschen in Armut stürzt, hilft einer verarmten Bank beim Millionen-Steuern-Hinterziehen, nennt aber Mindestlöhne von 15 Euro Unsinn. Er meistert trotz aller Krisen und Untersuchungsausschüsse alles mit Bravour und in der letzten Staffel kommt die überraschende Wendung: Er wird Bundeskanzler einer Bananenrepublik.
Die wundersame Welt von Olaf Scholz
Klingt super-interessant, oder? Nein? Eher nicht? Mehr wie zusammengschusterter, hirnloser Bockmist? Willkommen in Olaf Scholz’ wundersamer Welt der Wähler:innenverarschung. Noch im Sommer war der farblose Blech-Genosse Scholz das passende Ohrfeigengesicht für den sicheren Absturz der SPD unter 15 Prozent. Doch im Land der Ultra-Vergesslichen reichen ein paar schwarz-weiß-auf-rot-Plakate, ein Versprechen und schwache Gegner:innen. Dazu lustiges Ins-Fettnäpfchen-treten von Laschet und Baerbock und eine handzahme LINKE und schon ist die kühle Glatze aus dem Norden zu einer Mischung aus Merkel, Mutti Theresa und Mahatma Ghandi mutiert.
Denn Scholz ist endlich mal einer, der frischen Wind und soziale Gerechtigkeit bringt. Klar! Jetzt wird den Konzernen kein Geld mehr in den Arsch geblasen, wie es der letzte Finanzminister immer gemacht hat. Moment? Der hieß zufällig auch Olaf. Aber das ist niemandem aufgefallen. Als der längst nicht mehr bekannte Kanzler Schröder im Sommer 2003 die Hartz-IV-Gesetze durch Partei und Regierung gedrückt und damit den Zwang, jeden schlecht bezahlten Job anzunehmen, erst richtig begründet hat, da konnte er sich auf einen harten Hund als SPD-Generalsekretär verlassen. Auch damals sprang ein gewisser Olaf den neoliberalen Terroristen in der Regierung zur Seite und wurde dafür auf dem Parteitag der SPD im November 2003 mit starken 53 Prozent wiedergewählt. Ohne Gegenkandidat, versteht sich.
Der Olaf ist halt wirklich einer für die kleinen Leute. Das »Respekt für dich«-Plakat hat mir immer Pippi in die Augen gemacht, denn ich weiß genau, was er meint: Zum Beispiel den Respekt für Achidi Johns, den die Hamburger Polizei 2001 mit Gewalt dazu zwang, Brechmittel zu schlucken. Sie vermuteten, dass er zwecks Handel Kapseln mit Drogen geschluckt hatte. Die Beamten ließen sich nicht davon beirren, dass Johns sich heftig wehrte und schrie: »I will die! I will die!«, was er dann auch tat. Eingeführt wurde der zwangsweise Brechmittel-Einsatz ein paar Monate vorher vom Hamburger Innensenator, sein Name war komischerweise auch Olaf S. Mittlerweile wurden solche »Ermittlungen« vom Europäischen Gerichtshof wieder verboten. Auch das oberste Gericht der USA tat dies, weil »solche Methoden zu sehr an Folter heranreichen«, und zwar 1952.
Scholz lässt auch mal Fünfe gerade sein und pfeift auf Steuer-, Bürger- und Menschenrechte
Das lief ein bisschen scheiße, aber jetzt können wir überall lesen, was er daraus gelernt hat. »Demonstrativ demütig« sei er bei den Ampel-Verhandlungen. »Jetzt erleben wir, wie sich Scholz zurücknimmt.« So wie damals, als er sich als Hamburger Bürgermeister ganz weit zurückgenommen und der hilflos bettelnden Warburg-Bank ein paar Cent in den Becher gelegt hat. Doch vergessen wir nicht, wie bescheiden uns Olaf jetzt geworden ist. Wie 2017, als die süßen Hamburger (Die Spinnen, die Bullen, die Schweine) was zum Spielen wollten und Scholzi-Bolzi ihnen erlaubt hat, friedlichen Demonstrant:innen beim G20-Gipfel mal so richtig die Knochen zu brechen. Trotz 115 Ermittlungsverfahren gegen gewalttätige Polizisten meinte Scholz »Polizeigewalt hat es nicht gegeben« und hämisch-grinsend »Bei G20-Toten wäre ich zurückgetreten.« Respekt!
Der Scholz wäre wirklich eine super Krimi-Figur. Manchmal auf die schiefe Bahn geraten, aber eigentlich ’ne ehrliche Haut. Lässt auch mal Fünfe gerade sein und pfeift auf Steuer-, Bürger- und Menschenrechte. Redet manchmal über soziale Gerechtigkeit, aber vergisst nie, wer seine wahren Freunde sind. Er sei auf einer »Zukunftsmission für unser Land«, hat der neue Kanzler im Wahlkampf gesagt – Mission Impossible sozusagen. Bleibt nur die Hoffnung, dass aus Olafs Kanzler-Krimi kein richtig schlechter Horrorfilm wird. ■
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