Die rechten Ausschreitungen in Chemnitz zeigen, dass die faschistische Gefahr in Form von Straßenmobilisierungen und dem Agieren der AfD weiter zunimmt. Wir sprachen darüber mit Christine Buchholz von Aufstehen gegen Rassismus.
Aufstehen gegen Rassismus organisiert am Wochenende eine Aktivenkonferenz. Warum?
Die rassistischen Mobilisierungen und die Hetzjagd in Chemnitz zeigen: Es ist höchste Zeit aktiv zu werden gegen Rassismus und Faschismus.
Wir erleben eine Situation, die mich an Anfang der 90er Jahre erinnert, als Nazis in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerder, Mölln und Solingen Pogrome und Brandanschläge entfesselt haben.
Die AfD spielt eine wichtige Rolle bei den Rechten Mobilisierungen. Sie ist vielerorts zum Kristallisationspunkt für die extreme Rechte geworden. Die AfD ist eine faschistische Partei im Werden. Sie sucht den Schulterschluss mit der rassistischen Straßenbewegung Pegida, will völkischen Nationalismus wieder hoffähig machen und nutzt das Feindbild Islam als Türöffner in die »Mitte«. Sie relativiert die Verbrechen des deutschen Faschismus. Sie steht für Rassismus, für Militarismus, Demokratie- und Gewerkschaftsfeindlichkeit, Antifeminismus, sie verachtet Arme und Behinderte.
Viele fragen sich, was man tun kann, sie sehen mit Sorge, dass die AfD zunehmend zu einer normalen Partei erklärt wird und in Medien und Öffentlichkeit als solche behandelt wird.
Aufstehen gegen Rassismus hat sich vor über zwei Jahren gegründet. Bei uns organisieren sich lokale und regionale Gruppen, wir wirken in Bündnissen und bei Mobilisierungen gegen die AfD mit und bilden »Stammtischkämpfer*innen« gegen Rassismus aus.
Bei der Konferenz tauschen wir uns mit anderen Aktiven aus und laden Interessierte ein, Aufstehen gegen Rassismus kennen zu lernen und sich einzubringen.
An wen richtet sich die Konferenz?
Zum einen an Einzelpersonen, die etwas machen wollen und Interesse daran haben andere Aktive kennenlernen und praktische Tipps zu bekommen. Zum anderen an schon länger Aktive, die ihr Wissen zur Einschätzung der AfD, ihre Positionen, ihre Strategie und Taktik vertiefen wollen, die Argumente gegen den antimuslimischen Rassismus, den Antisemitismus oder die Gewerkschaftsfeindlichkeit der AfD brauchen. Für Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Bündnisse und Organisationen ist es zudem wichtig, den Raum für eine weitere Vernetzung mit anderen Organisationen zu nutzen.
Auf der Konferenz sprechen auch Vertreter von Flüchtlingsorganisationen und Aktive die sich gegen Abschiebungen wehren. Warum?
Viele Menschen engagieren sich in der Flüchtlingssolidarität und in den Kampagnen gegen Abschiebungen, weitere sind in der Migrantenselbstorganisation aktiv. Sie sind unsere engen Bündnispartner. Die Kriminalisierung der Seenotrettung hat viele Menschen aufgerüttelt. Deshalb ist es wichtig für uns, dass die Konferenz sich solidarisch mit der Seebrücken-Bewegung und den Bewegungen von Geflüchteten und Migranten erklärt. Ich freue mich, dass Hamado Dipama, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates sprechen wird.
Was sind deine Highlights der Konferenz?
Jeder Workshop hat seine besondere Bedeutung und Berechtigung. Wir werden vieles Neues lernen. Zum Beispiel über den Antisemitismus der AfD, über die Gewerkschaftsfeindlichkeit und die »Soziale Frage« bei der AfD. Ein Workshop, den wir in der Form noch nicht hatten auf Konferenzen ist der über »Grüne Braune« oder der über den Militarismus der AfD. Wichtig für die alltägliche Auseinandersetzung mit der AfD sind Workshops zum Charakter dieser Partei, zum völkischen Nationalismus oder dem Feinbild Islam.
Besonders herausheben möchte ich den Einleitungsbeitrag von Andreas Kemper über die »AfD als parlamentarischen Arm einer rechten Sammlungsbewegung.« Dieser Beitrag zu Beginn der Konferenz ist angesichts der Chemnitzer Ereignisse hochaktuell.
Toll wird sicher auch das Abschlusspanel am Sonntag. Dort sprechen Vertreter Anti-Rassistischer Bewegungen aus Ungarn, Österreich und Großbritannien. Das ist gerade wichtig weil im Nächsten Mai die Europawahlen stattfinden. Die Rechte in Europa vernetzt sich international, wir müssen das auch machen und voneinander lernen.
Wie können Interessierte euch unterstützen?
Grundsätzlich kann man sich auf der Website www.aufstehen-gegen-rassismus.de als Unterstützer/in eintragen. Zudem kann man die Initiative ergreifen und vor Ort eine Gruppe oder Initiative aufbauen.
Am Sonntag gibt es mehrere praktische Workshops über Stammtischkämpfer/innen-Seminare oder darüber wie man eine Gruppe vor Ort aufbaut.
Können Interessierte auch spontan vorbei kommen oder besteht Anmeldepflicht?
Wir freuen uns über alle, die sich vorher anmelden, da so eine Konferenz natürlich mit einem hohen Organisationsaufwand verbunden ist und wir diese Arbeit ehrenamtlich und mit einem sehr schmalen Budget machen.
Aber selbstverständlich kann man auch spontan kommen oder zu einzelnen Veranstaltungen.
Hier ist der aktuelle Veranstaltungsplan: https://www.aufstehen-gegen-rassismus.de/aktivenkonferenz/
Wie geht es nach der Konferenz weiter?
Wir werden auf der Konferenz auch die Solidarität mit den antifaschistischen und antirassistischen Protesten in Chemnitz ausdrücken. So wie es aussieht, werden wir in den nächsten Wochen die Bewegung gegen die Mobilisierungen von AfD, Pegida, NPD und andern Nazis in Chemnitz und anderswo unterstützen.
Darüber hinaus arbeiten wir eng zusammen mit Aktiven in Bayern und der Kampagne »Keine AfD in den Hessischen Landtag», denn diesen Herbst gibt es ja sowohl in Hessen als auch in Bayern Landtagswahlen.
Für das nächste Jahr stehen mehrere Mobilisierungen gegen die AfD an. Auf zentraler Ebene zum Beispiel gegen deren Parteitag in Dresden oder vor Ort, wo die AfD versucht mehr und mehr Raum zu ergreifen.
Im nächsten Jahr gibt es neben der Europawahl eine Reihe von Landtagswahlen und Kommunalwahlen in Ost und West. Ich denke, dass die Unterstützung unserer sächsischen Freundinnen und Freunde wichtig sein wird.
Wenn wir es schaffen die »Aufstehen gegen Rassismus«-Kampagne weiter zu verbreiten und mehr lokale Gruppen aufzubauen, mehr Stammtischkämpfer*innen-Seminare anbieten, dann ist das ein wichtiger Beitrag dazu, handlungsfähig zu werden angesichts der Gefahr von Rechts.
Christine Buchholz, arbeitet für DIE LINKE im Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« mit.
Das Interview führte Yaak Pabst.