Mit Verkäufen von Bahnhofsgebäuden will die Bahn AG ihre Bilanzen schönen, um für private Investoren attraktiver zu werden – ein weiterer Schritt Richtung Bahnprivatisierung.
Wie die Deutsche Bahn AG (DB) am Dienstag mitgeteilt hat, sind 490 Bahnhofsgebäude an den britischen Immobilieninvestor Patron Capital und den Hamburger Immobilienentwickler Procom Invest verkauft worden. Von ursprünglich 2250 Gebäuden sollen nur rund 600 im Besitz der Bahn verbleiben. Wie eine Unternehmenssprecherin mitteilte, sind nach Auffassung der Bahn die Gebäude zum Betrieb der Bahnhöfe nicht notwendig.
Das Anti-Privatisierungsbündnis »Bahn für Alle« hat den Verkauf scharf kritisiert. »Zu attraktivem Bahnverkehr gehört ein Bahnhof mit Wartemöglichkeiten, Beratung und Service«, sagte »Bahn für Alle«-Vertreter Stefan Diefenbach-Trommer. »Ein knapper Regenschutz und ein stummer Fahrkartenautomat verschrecken Kunden«, so Diefenbach-Trommer. »Es gibt Orte, in denen die Bahnkunden um das Bahnhofsgebäude herum gehen müssen, um zum Zug zu gelangen, da die DB Gleise und Empfangsgebäude getrennt hat oder der private Besitzer das Gebäude schließt.«
Stilllegung von Strecken
Auch das »ProNetz«-Programm der Bahn diene der Privatisierung. »Das Programm sieht vor, die Ausgaben auf profitable Gleise zu konzentrieren, so dass Nebengleise verkommen«, erklärte Diefenbach-Trommer. »ProNetz« werde eine schleichende Stillegung von Gleisen zur Folge haben.
Ziel des Bahnvorstandes sei es, »mit eingesparten Investitionen und kurzfristigen Verkaufseinnahmen« das Unternehmen für den Verkauf an private Investoren zu »schmücken«. Darunter leide der Bahnverkehr.
Geheimes Gutachten
Aus einem vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Gutachten für die Bundesregierung, über das im Oktober die »Frankfurter Rundschau« berichtete, geht hervor, wie sich der Kapitalmarkt die Bahnprivatisierung vorstellt. Demnach drohen nach einem Verkauf massive Streckenstilllegungen und Kürzungen bei Betriebs- und Sicherheitstechnik.
Drei Varianten hätten die Gutachter durchgerechnet: „Variante eins: die Stilllegung von 2630 Kilometer Netz. Variante zwei: die Kappung von 8000 Kilometer. Und Variante drei: das Aus für 14 000 Streckenkilometer – mehr als 40 Prozent des heutigen Netzes, das noch 34 000 Kilometer lang ist«, schrieb die »Frankfurter Rundschau«.
Die Folge wäre, das ganze Regionen vom Bahnverkehr abgehängt würden. Wer dann kein Auto hat, wäre in seiner Mobilität massiv behindert, vor allem in ländlichen Gebieten.
Privatisierung schadet Klimaschutz
DIE LINKE kritisiert, dass der Bund als 100prozentiger Eigentümer der Bahn den Kurs des Unternehmensvorstandes unterstützt. Wie »Bahn für Alle« lehnt die Partei eine weitere Privatisierung ab. Die LINKE weist außerdem darauf hin, dass eine Privatisierung dem Klimaschutz schade. »Alle, die weniger Auto fahren wollen, sind die Leidtragenden, wenn die Bahnprivatisierung Großinvestoren Geld bringen soll«, beklagte die verkehrspolitische Sprecherin der LINKE-Bundestagsfraktion, Dorothée Menzner, auf einer energiepolitischen Konferenz der Partei Anfang November.
Und in einem Beschluss, den der Parteivorstand im August gefasst hat, heißt es: „Gerade unter den allgemein anerkannten Bedingungen des dramatischen Klimawandels darf die Bahn nicht verkauft werden. Sie ist das gegenwärtig umweltfreundlichste motorisierte Verkehrsmittel mit einem großen ökologischen Entwicklungspotential. «
»Wenn man sich was wünschen könnte«, äußerte Dorothée Menzner gegenüber dem LINKE-Magazin Clara, »dann, dass die Kapitalprivatisierung der Bahn nicht stattfindet, und einen Regionalverkehr, der Menschen Tag und Nacht von A nach B bringt. Das wäre Grundversorgung und Daseinsvorsorge im Wortsinn.«
(Frank Eßers / Pressemitteilung »Bahn für Alle«)
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DIE LINKE und Bahn:
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