Geheimdienste erklären Antifa-Bands zu Staatsfeinden, bespitzeln Bundestagsabgeordnete und verfolgen jede unserer Bewegungen im Internet. Da bleiben nur zwei Fragen: Warum machen sie das? Und wie werden wir sie los?
David Miranda, brasilianischer Staatsbürger, ist am 19. August unterwegs von Berlin nach Rio de Janeiro. Doch beim Umsteigen am Londoner Flughafen Heathrow wird seine Reise jäh unterbrochen. Unter Verweis auf Anhang 7 des britischen Antiterrorgesetzes hindern ihn die Behörden am Weiterflug. Neun Stunden lang wird er in einem kleinen Raum festgehalten – exakt so lange wie es erlaubt ist, ohne einen Haftbefehl zu erlassen. Sieben Agenten befragen ihn abwechselnd, nehmen seine Fingerabdrücke. Alle elektronischen Geräte, die er mit sich führt, werden beschlagnahmt. Miranda ist kein Terrorist. Das wissen auch die britischen Behörden. Doch sie interessieren sich für ihn, weil er der Lebenspartner des »Guardian«-Journalisten Glenn Greenwald ist, also jenes Journalisten, der die von Edward Snowden übermittelten Dokumente zum NSA-Überwachungsprogramm »Prism« veröffentlichte.
Gegen Terroristen und Grundrechte
Als der Vorfall bekannt wird, löst er einige Empörung aus. Und doch handelt es sich keineswegs um einen Einzelfall. Geht es um die Aushebelung von Grundrechten, so ist die Leier seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 immer die Gleiche: »Wir brauchen Überwachung, um den internationalen Terrorismus wirksam bekämpfen zu können.« Dieses Mantra dient zur Begründung für die Einführung von »Antiterrorgesetzen«, zur Stärkung der Geheimdienste und um Ängste bei der Bevölkerung zu schüren. Vor allem aber dient es nun auch als Rechtfertigung für die Verwendung des Überwachungsprogramms »Prism«.
Es gilt als nahezu sicher, dass auch deutsche Geheimdienste hier bis zu einem gewissen Grad eingebunden sind. Laut einem Bericht des Blogs »netzpolitik.org« liegt der »Bild« ein Dokument der Bundeswehr aus dem Jahr 2011 vor, in dem Soldaten angewiesen werden, Überwachungsanfragen in ein Programm mit dem Namen »Prism« einzugeben. Im Namen der Terrorismusbekämpfung werden Grundrechte mit Füßen getreten und Edward Snowden wird als Verräter und Krimineller präsentiert. Das wirft natürlich die Frage auf: Weshalb stellen Leute wie Snowden solch eine Gefahr für Staaten dar, dass ihre Regierungen jeden Anschein formaler Demokratie fallen und sich dazu hinreißen lassen, ihre eigenen Gesetze zu beugen und beispielsweise die Presse unter Druck zu setzen, Recherchematerial zu vernichten? Letzteres geschah beim »Guardian«.
Überwachung schützt keine Menschenleben
Dass es eigentlich nicht um Terrorismusbekämpfung geht, wird gerade beim Fall Snowden sehr deutlich. Suggeriert das Feindbild »internationaler Terrorismus« eigentlich eine »Bedrohung von außen«, so wurde hier ja gerade die Gesamtgesellschaft durchleuchtet und überwacht. Prinzipiell erklären die Behörden jede und jeden zum Verdächtigen. Darüber hinaus existieren mittlerweile verschiedene traurige Beispiele dafür, dass geheimdienstliche Überwachung völlig ungeeignet dafür ist, Menschenleben zu schützen. Nicht nur, dass alle US-Geheimdienste zusammen die Anschläge vom 11. September 2001 nicht verhindern konnten: Auch beim NSU-Skandal konnten die Morde nicht aufgehalten werden, trotz Überwachung der Täter. Der Verfassungsschutz war sogar eher eine Last als eine Hilfe. Er schredderte Akten und trug nur wenig zur Aufklärung bei. Oftmals wissen Antifa-Gruppen und antifaschistische Archive, denen keine geheimdienstlichen Mittel zur Verfügung stehen, besser über die lokale Naziszene Bescheid als die »Verfassungsschützer« (…)
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Julia Root arbeitet im IT-Bereich. Sie entwickelt wissenschaftliche Software und ist Mitglied der LINKEN.