Es gibt kein verhandelbares Angebot an das Fahrpersonal. Bahnboss Mehdorn bietet eine Mogelpackung an, um die GDL in der Öffentlichkeit schlecht dastehn zu lassen. Ein Kommentar von Frank Eßers, Online-Redakteur marx21.de
Der Öffentlichkeit versucht sich der Bahnvorstand als kompromissbereit darzustellen. Tatsächlich machen Bahnchef Mehdorn und Arbeitsdirektorin Suckale irreführende Aussagen über ein angebliches Angebot an das Fahrpersonal. Von bis zu 13 Prozent Lohnsteigerung ist die Rede.
Doch in Wahrheit ist das so genannte "Angebot" eine "Mogelpackung", wie der GDL-Vorsitzende Manfred Schell erklärt hat. Ziel der Bahnbosse ist es, die GDL in der Öffentlichkeit schlecht dastehn zu lassen, falls diese das Scheinangebot ablehnt und weiter streikt.
Kein Ausgleich der realen Lohnverluste
5 Prozent davon sind gar keine Lohnerhöhung, sondern normale Entlohnung für eine Erhöhung der Arbeitszeit von 41 auf 43 Stunden in der Woche, die der Bahnvorstand fordert.
Weitere 4,5 Prozent hat die Bahn bereits mit den anderen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA ausgehandelt. Darüber hinaus soll eine neue Einkommensstruktur eingeführt werden. Nach Aussagen der Bahn bringt diese ein weiteres Prozent.
Doch seit der teilweisen Bahnprivatisierung im Jahr 1994 haben die Lokführer real auf 9,5 Prozent Lohn verzichten müssen. Das "Angebot" würde diesen Verlust nicht ausgleichen. Der geringe Lohn für Lokführer von 1500 Euro netto würde dadurch nur unbedeutend aufgestockt.
Weitere Verschlechterungen bei Arbeitszeiten
Auch die angebotenen 2,5 Prozent Erhöhung von Zulagen sind nichts weiter als eine Bezahlung für eine Stunde Mehrarbeit in der Woche, die das Fahrpersonal bereits leisten muss.
Mit dem am 9. Dezember in Kraft tretenden Winterfahrplan verschlechtern die Bahnbosse außerdem die Arbeitsbedingungen weiter. Mit dem Fahrplanwechsel soll der Anteil der Schichten steigen, die nach 24 Uhr enden und vor 5 Uhr beginnen. "Mit der Folge, dass unsere Kollegen nicht mehr wissen, wie sie zu ihrem Einsatzort beziehungsweise von dort nach Hause kommen", sagte der Tarifvorstand von Transnet, Alexander Kirchner, der "Berliner Zeitung". Außerdem würden vor allem beim Begleit- und Servicepersonal die Zahl der auswärtigen Übernachtungen deutlich steigen, sagte Kirchner. Damit wird das Familienleben der Betroffenen weiter erschwert.
Der Streik geht alle an
Mehdorn spielt auf Zeit und setzt offenbar darauf, dass der GDL doch noch die Luft ausgeht. Neben Unternehmerverbänden und den meisten Medien assistiert ihm dabei die Bundesregierung auf zweierlei Art. Erstens weigert sie sich, als 100prozentiger Eigentümer der Bahn Druck auf den Vorstand zu machen, ein akzeptables Angebot vorzulegen. Zweitens haben führende Politiker der großen Koalition den Bahnvorstand aufgefordert, hart zu bleiben.
Der Ausgang des Tarifkampfes hat enorme Folgen, die alle Arbeitnehmer betreffen. Von einer Niederlage würde die Botschaft ausgehen, dass ein Sieg gegen die Bosse auch dann nicht möglich ist, wenn man einem kampfstarken Teil der Arbeitnehmerschaft angehört. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass verschärfte Angriffe auf Löhne und Arbeitnehmerrechte dadurch begünstigt würden.
Ein Sieg des Fahrpersonals hingegen würde bessere Bedingungen schaffen für den Kampf gegen den Abwärtstrend bei Löhnen und gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Deswegen verdienen die Lokführer Solidarität und praktische Unterstützung ihres Kampfes.
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