Was schreiben die anderen? Regelmäßig gibt die marx21-Redaktion an dieser Stelle Hinweise auf lesenswerte Artikel aus anderen linken Publikationen
Explodierende Mieten und die Verdrängung der einkommensschwächeren Bevölkerung aus den Innenstädten sind derzeit vielerorts ein brennendes Thema. Doch allzu oft verzetteln sich die Debatten zwischen Empörung und hochtheoretischen ökonomischen Konzepten. Nicht so der Artikel über Gentrifizierung von Anett Gröschner im Kulturteil des »Freitag« (21.11.2013). Sie geht von eigenen Beobachtungen aus, bleibt jedoch dabei nicht stehen, sondern erklärt anschaulich die dahinter stehenden wirtschaftlichen Mechanismen. »Die Stadt wird mir fremd«, heißt der Artikel, doch das sei nur umso mehr ein Grund, »sie gegen den Umbau von einer Integrations- in eine Konkurrenzmaschine zu verteidigen«.
Wer etwas zu Bewegungen auf dem ganzen Globus und über engagierte Bewegungsforschung von Marxisten und Anarchisten erfahren möchte, sollte sich das kostenlose, englischsprachige Onlinemagazin »Interface« anschauen. Forscherinnen und Aktivisten schreiben darin zumeist über progressive soziale Bewegungen. Doch in der aktuellen Ausgabe (Vol. 5, Issue 2, November 2013) analysiert ein Autor beispielsweise auch, wie sich Neonazis in Deutschland als »Autonome Nationalisten« organisieren. Darüber hinaus gibt es stets Rezensionen von Büchern über Protestbewegungen.
In der von Alice Schwarzer mit ihrer Verbotsforderung angestoßenen »Prostitutionsdebatte« dominieren Extrempositionen. Losgelöst vom gesellschaftlichen Kontext verdammen oder befürworten sie Prostitution. Aus dieser Frontstellung sticht der Artikel von Antonia Baum im Feuilleton der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (19.11.2013) heraus. Baum kritisiert Alice Schwarzer scharf, argumentiert differenziert und wirft die Frage auf, inwieweit man grundsätzlich von Freiwilligkeit in Bezug auf Erwerbsarbeit im Kapitalismus sprechen kann. Für die »FAZ« überraschend endet der Artikel mit dem Satz: »Vielleicht, nein sicher, müsste Alice Schwarzer, wenn sie nicht Alice Schwarzer wäre, die Abschaffung dieser Gesellschaft fordern.«
Der Themenschwerpunkt der neuen Ausgabe der »Z. – Zeitschrift Marxistische Erneuerung« (Nr. 96, Dezember 2013) umfasst Beiträge der Tagung »Klassenanalyse und Intelligenz heute«, die im April in Frankfurt am Main stattfand. Anfang der 1970er Jahre hatte das Institut für Marxistische Studien und Forschungen die Frage nach den Beziehungen zwischen dem »Kern der Arbeiterklasse« und der Intelligenz diskutiert. Die diesjährige Tagung zielte darauf, dieses Thema unter aktuellen Blickwinkeln neu zu diskutieren. Anne Geschonnek und Simon Zeise fragen beispielsweise in ihrem Beitrag: Wo liegen die Chancen für sozialistische Politisierung bei den heutigen Studierenden unter den veränderten, von Prekarisierung geprägten Studienbedingungen?
Seit einem halben Jahr leitet der Argentinier Franziskus die katholische Kirche. Nun beginnt er, in der Kurie aufzuräumen. Kardinäle, die für die bisherige höfische Herrschaftskirche standen, werden entlassen, ebenso sämtliche Anhänger des italienischen Skandalpolitikers Silvio Berlusconi. Thomas Seiterich liefert in der aktuellen »SoZ« (Dezember 2013) einen lesenswerten Überblick über die Reformbemühungen des neuen Papsts. Er gibt allerdings auch zu bedenken, dass das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche alle Macht habe, das zu tun, was es für richtig hält: »Sollte der Nachfolger von Franziskus die Dinge anders sehen, kann er alle Reformen wieder zurückdrehen«.
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