»The Dark Knight Rises« ist der langweiligste und politisch rechteste Film der Batman-Trilogie. Hans Krause stellt den neuen Film von Regisseur Christopher Nolan vor.
Seit acht Jahren hat der Milliardär Bruce Wayne (Christian Bale) das Batman-Kostüm an den Nagel gehängt und sich zurückgezogen. Sein Butler Alfred (Michael Caine) ist der einzige Kontakt zur Außenwelt, während Wayne gehbehindert und innerlich gebrochen vor sich hin vegetiert. Erst als der brutale Muskelberg Bane (Tom Hardy) mit einer Armee treu ergebener Killer in Gotham einfällt, zieht Wayne ein letztes Mal den Fledermaus-Umhang über, um die Stadt mal wieder vor dem Untergang zu retten.
Wer jetzt glaubt, diese Geschichte schon mal gesehen zu haben, liegt richtig. Es ist das Märchen vom gealterten Helden, der sich trotz zahlreicher Gebrechen ein letztes Mal aufrafft, weil nur er sich stellvertretend für alle anderen Menschen dem Bösen entgegenstellen kann.
Und eben weil diese Geschichte schon oft erzählt wurde und vorhersehbar ist, leidet der Film sehr unter seiner Länge. Es dauert eine dreiviertel Stunde, bis Christian Bale (»The Fighter«) das erste Mal als Batman aufkreuzt und insgesamt zweidreiviertel Stunden bis er Gotham wie erwartet vor der Zerstörung bewahrt.
Bankenkrise und Occupy-Bewegung
Wie in allen Batman-Filmen ist die Welt immer noch zerfressen von Korruption, Gier und der Unmoral ihrer Bewohner. Nur wenige haben das Herz am rechten Fleck, allen voran der steinreiche Wayne, der in unendlicher Großzügigkeit sein Vermögen für Arme und Waisenkinder ausgibt. Wie gewohnt bleibt der Fledermaus-Held ein einsamer Wolf, der von der Welt nicht verstanden wird, und doch gleich einem Messias der einzige ist, der sie vor sich selbst retten kann.
Dass man auch einen Superhelden zeigen kann, der nicht zusätzlich zu seinen Kräften noch charakterlich und moralisch überhöht wird, zeigte erst letzten Monat »The Amazing Spider-Man«. Darin spielt Andrew Garfield einen wütenden Schüler in der Pubertät, der mit seinen Spinnen-Kräften zunächst allerlei Unsinn anstellt und mehr von seiner tragischen Familiengeschichte getrieben wird, als von der Berufung, die Welt zu retten. Während dem neuen Batman auch ohne Maske in jedem Bild die Schwere seines Schicksals als Übermensch anzumerken ist, gelingt Spider-Man etwas Beeindruckendes: Ein natürlich wirkender Comic-Held.
Das Besondere an »The Dark Knight Rises« hingegen, ist sein Bezug auf Bankenkrise und Occupy-Bewegung in den USA. Leider ist dieser politische Bezug besonders rechts.
Die neue Gesellschaft ist noch schlimmer als die alte
Der fiktive Schauplatz Gotham ist das erste Mal deutlich als New York erkennbar und Banes hasserfüllte Parolen gegen Manager und Reiche sind Zerrbilder der 99-Prozent-Bewegung, die letztes Jahr als »Occupy Wall Street« weltberühmt wurde. Nach einer besonders zähen ersten Filmhälfte übernimmt Superschurke Bane die Macht in Gotham und zerstört zwei der wichtigsten Symbole der US-amerikanischen Gesellschaft, Börse und Football-Stadion.
Das Sternenbanner hängt zerfetzt vor den Ruinen der Handelskammer. Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich soll mit Gewalt abgeschafft werden, doch die neue Gesellschaft ist noch schlimmer als die alte.
Bane sichert seine Macht, indem er einen umweltfreundlichen Fusionsreaktor-Prototyp aus Waynes Firma stielt, ihn zur Atombombe umbaut und mit der Zündung droht, falls die Armee angreift. Dann sperrt er alle Polizisten in die Kanalisation und ruft die Freiheit der Unterdrückten aus, um seine diktatorische Herrschaft über Gotham zu verschleiern.
Nicht einmal ein ordentlichen Action-Kracher
Mehrfach wird diese Diktatur von Charakteren der »guten« Seite als »Revolution« bezeichnet. Zudem bezieht sich Regisseur Christopher Nolan (»Inception«) an einigen Stellen auf die historische Französische Revolution. So werden nach der Machtübernahme Banes als Erstes alle Schwerverbrecher aus dem Gefängnis befreit, als Parallele zum Sturm auf die Bastille.
Später gibt es in einer der lächerlichsten Szenen ein Gerichtsverfahren, das an ein Revolutionstribunal während der Schreckensherrschaft in Frankreich erinnern soll. Dabei sitzt ein wahnsinniger Richter in zerfetztem Anzug auf einem meterhohen Stapel aus Möbeln. Es gibt keine Zeugen-Befragung und der angeklagte Konzern-Vorstand hat keinen Anwalt und wird von einer wild gewordenen Menschenmenge angebrüllt und bespuckt. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass der Angeklagte nur zwischen Todesstrafe und »Exil« wählen kann, wobei »Exil« auch den Tod bedeutet, weil man die Stadt über brüchiges Eis verlassen muss.
Und als wären die Parolen nicht dämlich genug, wonach Leute die etwas verbessern wollen, alles nur noch schlimmer machen, gibt es in »The Dark Night Rises« neben Batman nur eine Sorte Mensch, die die Schurken aufhalten kann: Polizisten. Als Batman sie aus dem Kanal holt, werfen sich die Cops selbstlos in den Kampf für die Befreiung der Stadt und obwohl Gotham am Anfang als korruptionsverseuchte Metropole gezeigt wird, haben alle Polizisten im Film ausschließlich das Wohl der Bevölkerung im Sinn. Wie verlogen diese Darstellung unter anderem in den USA wirken muss, zeigten vor ein paar Tagen die Straßenschlachten in Anaheim, nachdem Polizisten einen unbewaffneten Latino erschossen hatten.
Doch auch wer sich von der rechten Propaganda nicht schrecken lässt und nur einen ordentlichen Action-Kracher erwartet, wird enttäuscht. Denn immer wieder bremsen aufwendig und langwierig erzählte Monologe den Film aus und machen ihn unübersichtlich und zerfasert. Nebenfiguren wie Catwoman (Anne Hathaway) oder Batmans Erfinder-Freund Lucius Fox (Morgan Freeman) laufen weitestgehend sinnfrei durchs Bild und bleiben ohne charakterliche Tiefe. Bösewicht Bane trägt den kompletten Film eine Darth-Vader-ähnliche Maske, was Darsteller Hardy am Spielen hindert, ohne dass sein Charakter die Bedrohlichkeit des Star-Wars-Vorbilds erreichen würde.
»The Dark Knight Rises« hat den schon immer konservativ-elitären Batman-Charakter um eine entsprechende Stellungnahme zum aktuellen Klassenkampf in den USA ergänzt. Wer etwas gegen den Kapitalismus hat oder Action-Filme mag, sollte den Film vermeiden. Denn in beiden Fällen läuft man spätestens nach zwei Stunden Gefahr, das Kino gelangweilt oder verärgert verlassen zu wollen.