Geheimdokumente zeigen, dass die palästinensischen Unterhändler bereit waren, Israel alles nur Denkbare anzubieten, um etwas zu bekommen, das sie einen Staat nennen könnten. Trotz dieser Kapitulation war die israelische Seite weiterhin nicht bereit, ein Abkommen zu schließen, zeigt Ken Olende
Die Dokumente, die dem arabischen TV-Netz al-Dschasira zugespielt worden sind, zeigen, was für eine Farce die Verhandlungen über die Schaffung eines palästinensischen Staats bisher waren.
In über 1.600 Papieren sind die Verhandlungen zwischen Israel und der Fatah, die von 1999 bis 2010 die Palästinensische Autonomiebehörde unter ihrer Kontrolle hatte, bis ins Detail aufgezeichnet. Sie zeigen, dass die palästinensischen Unterhändler anboten, die Hoheit über Ostjerusalem abzutreten, illegale israelische Siedlungen zu dulden und das Rückkehrrecht für Flüchtlinge aufzugeben.
Betteln um ein Feigenblatt
Während der gesamten Verhandlungen machten die Palästinenser Zugeständnisse und bettelten geradezu wenigstens um ein Feigenblatt, damit sie sagen könnten, dass sie etwas angeboten bekommen hätten.
Im Januar 2010 sagte schließlich der erschöpfte palästinensische Unterhändler Saeb Erekat, dass sie schon im Jahr 2008 bereit waren, das »größte Jerusalem der jüdischen Geschichte« abzutreten, eine nur »symbolische Zahl von palästinensischen Flüchtlingen zurückkehren zu lassen und den künftigen Staat zu entmilitarisieren.« »Was soll ich denn noch anbieten?!«, fragte Erekat verzweifelt.
Die Unterhändler wussten, dass ihr Angebot weit über das hinausging, was die Mehrheit der Palästinenser hinnehmen würde. Israel zeigte nur Verachtung für die Palästinenser. Kein Zugeständnis war groß genug, um sie zu einem Abkommen zu bewegen.
Riesige Machtasymmetrie
Die palästinensische Schriftstellerin und Aktivistin Ghada Karmi sagt dazu: »Diese Dokumente bestätigen, was viele Palästinenser schon seit Langem befürchtet haben. Da die palästinensische Befreiungsorganisation ausschließlich auf Verhandlungen gesetzt hat, ist das das logische Ergebnis. Die palästinensische Führung trat in den Friedensprozess ein, als ob sie ein gleichberechtigter Partner in der Diskussion sei. Aber es gibt eine riesige Machtasymmetrie. Sie sind wie ein Spieler, der in ein Casino geht in der Überzeugung, gegen das Haus zu gewinnen. Als er verliert, wird er immer verzweifelter und erhöht ständig den Einsatz. Israel wird niemals Zugeständnisse machen. Die Palästinenser haben doch nichts, was Israel gebrauchen könnte.«
Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat fragte Tzipi Livni, die israelische Unterhändlerin: »Mal abgesehen von Ihren Kampfflugzeugen an meinem Himmel und Ihrer Armee auf unserem Territorium: Habe ich eine Wahlmöglichkeit, wie ich meine Außenverteidigung sichere?«
Sie antwortete: »Nein. Wenn Sie Ihren Staat haben wollen, müssen Sie zuvor mit Israel übereinstimmen – Sie haben die Wahl, später keine Wahl mehr zu haben.«
»Jetzt geht es ums Überleben«
Und die palästinensischen Unterhändler wussten, was für sie auf dem Spiel stand. Sie klagten: »Unsere Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung war niemals so gering. Jetzt geht es ums Überleben.«
Noch etliche dieser Dokumente warten darauf, veröffentlicht zu werden. Sie enthalten angeblich Informationen über den Grad der verdeckten Kooperation zwischen israelischen Sicherheitskräften und der Palästinensischen Autonomiebehörde zur Brechung des Widerstands der Hamas, und über die Rolle des britischen Geheimdiensts dabei.
Das bisschen Legitimität, das die Palästinensische Autonomiebehörde noch bei der Bevölkerung genießt, sollte mit diesen Enthüllungen endgültig zerstört sein.
Ghada Karmi ergänzt: »Die Palästinenser dürfen sich nicht mehr von diesen Leuten vertreten lassen. Sie müssen zurücktreten und es muss Neuwahlen geben. Alle palästinensischen Menschen – einschließlich der Flüchtlinge – sollten an der Wahl einer neuen Führung teilnehmen. Die Leute hier in Großbritannien müssen weiter Druck auf Israel ausüben. Die palästinensische Führung mag dumm sein, aber das Hauptproblem ist Israel. Wir haben diese halberdrosselte Führung nur deshalb, weil sie die Einzigen sind, mit denen Israel und die USA zu reden bereit sind.«
(Der Artikel erschien zuerst in der britischen Zeitung »Socialist Worker«. Übersetzung: Rosemarie Nünning)
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