Es war ein voller Erfolg: Tausende kamen nach Frankfurt, um gegen Bankenmacht und Spardiktat und für das Recht auf Protest zu demonstrieren. Doch nicht alle Ziele wurden erreicht. marx21 zieht eine kritische Bilanz
Die Zahlen sprechen für sich: 30.000 Demonstranten, 5000 Polizisten, 1430 Festnahmen. Selbst Bild.de schreibt: »Bunter Protest, 20.000 demonstrieren gegen Bankenmacht, Festival-Stimmung bei »Blockupy«-Kundgebung in Frankfurt.« Die taz sagt: »Die Demonstrationen gegen den Kapitalismus in Frankfurt entwickeln sich zu Protesten für die Versammlungsfreiheit.«.
Die internationale Demonstration gegen das europaweite Spardiktat war ein »machtvoller Protest gegen das Kürzungsdiktat von Merkel & Co« wie der Parteivorsitzende der LINKEN Klaus Ernst erklärte. Sie war die »größte Demo in Frankfurt in diesem Jahrtausend« (Zitat Frankfurter Rundschau). Die größten Blöcke waren der Antikapitalistische Block, der Block von attac und der LINKE-Block.
Internationale und antikapitalistische Demo
Blockupy war eine internationale Demo von Antikapitalisten. Spiegel Online schreibt zu Recht: »Großdemonstration gegen Kapitalismus«. Die Mehrheit kam aus Deutschland, aber auch Menschen aus Frankreich, Italien und Griechenland und anderen Ländern nahmen teil. Die Gewerkschaften waren bis auf GEW und einige ver.di-Gliederungen leider kaum vertreten.
DIE LINKE war mit einem großen, sichtbaren Block vertreten mit Schildern gegen »EU-Fiskalpakt« und »Demokratie und Sozialstaat verteidigen.« Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag verlegte ihre geplante Zeltveranstaltung kurzerhand ins DGB-Haus. 350 Menschen nahmen an der Debatte mit Aktivisten aus Griechenland, Spanien, Rumänien, GB und Gewerkschaftern aus der GEW, IG-Metalljugend, Maredo-Betriebsrat und LINKE-Vertreterin Janine Wissler teil.
Friedlich für das Recht auf Versammlungsfreiheit
Die Strategie der Stadt Frankfurt, die Aktionstage zu verbieten, ist nicht aufgegangen. Trotz der Verbote versammelten sich Hunderte Mittwoch, Donnerstag und Freitag in Frankfurt. Beispielsweise kamen zu einer Blockade-Aktion vor dem Steakhaus Maredo 200 Menschen und thematisierten die Niedriglöhne bei der Restaurantkette und solidarisierten sich mit den für bessere Arbeitsbedingungen kämpfenden Mitarbeitern. Die Demonstranten weigerten sich, die Bilder von Krawall zu liefern, die die Polizeitaktik provozieren sollte.
Viel Kritik von Frankfurter Bewohnern und Gewerkschaften richtet sich gegen die Aufhebung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit und der Polizeiblockade der Frankfurter Bankenviertels. Es ist ein Hohn, wenn Petra Roth (CDU) nun dem »besonnenen Einsatz« der Polizei dankt. Selbst Andrea Nahles, Volker Beck und Grüne-Geschäftsführerin Steffi Lemke mussten sich vom schwarz-grünen Demoverbot distanzieren. Allerdings betonen sie dabei das Verbot des Gedenkens der Jusos an die unter den Nazis verfolgten Homosexuellen und vermeiden jede inhaltliche Positionierung zu den Blockupy-Themen Bankenmacht und Spardiktat.
Ziviler Ungehorsam braucht Resonanzboden
Die Strategie des Bündnisses, die EZB zu blockieren, war als »Kampfansage« an die EZB als Symbol der Troika gut. Allerdings waren die Teilnehmerzahlen an den Aktionstagen für Donnerstag und Freitag zu gering, um Blockaden trotz Verbote und Polizeieinsatz durchzuführen. Blockaden müssen längerfristig organisiert sein und breiter getragen werden, wie die Erfahrungen in Dresden, im Wendland und in Heiligendamm zeigen.
Ziviler Ungehorsam als »klassenunspezifische« Kampfform hat in der Geschichte der Klassenkämpfe seinen Stellenwert. Im Kampf gegen Sozialabbau und kapitalistische Krisenlösungen haben Kampfformen des zivilen Ungehorsams allerdings nur als erster Schritt hin zu den traditionellen Mitteln des Klassenkampfes einen Stellenwert, hin zu Massendemonstrationen und politischen Massenstreiks wie in Griechenland. Massenhafter Widerstand auf den Straßen kann unter Umständen zum Funken werden, der zur sozialen Explosion und zu politischen Massenstreiks führt. Das klassische Beispiel sind die mehrtägigen Barrikadenkämpfe von Studenten im Mai 1968 in Paris gewesen, die den größten Generalstreik der französischen Geschichte ausgelöst haben.
Ähnliche Entwicklungen gab es in jüngster Vergangenheit in Athen, in Kairo und London. Entschlossene Minderheiten können unter bestimmten Bedingungen proletarische Massenbewegungen auslösen, die wiederum allein die potentielle Macht besitzen, erfolgreiche Aufstände gegen den Kapitalismus zu führen. Es gibt freilich viel mehr Negativbeispiele in der Geschichte, wo kampfentschlossene Avantgarden isoliert blieben. Die entscheidende Bedingung ist jedoch, dass beides zusammenkommen muss: Funke und genügend (sozialer) Sprengstoff.
Ausblick: Weitermachen gegen Spardiktat
In Frankfurt waren wir zu wenig, um die Banken für einen Tag zu blockieren. Allerdings haben die Demonstranten ein sichtbares Zeichen für Versammlungsfreiheit gesetzt. Die geringere Beteiligung an den Blockaden ist kein Zeichen für ein Abebben des Antikapitalismus. Die Demonstration beweist das Gegenteil: eine neue Generation von Aktivisten wächst heran. Die Demonstration ist ein Hoffnungssignal an alle, die gegen Banken, Spardiktat und Kapitalismus und solidarisch mit der griechischen Bevölkerung sind. Der Erfolg bestätigt die GEW, die die Proteste als einzige Gewerkschaft unterstützt hat.
Die Aufgabe der Linken ist es, weiterhin sichtbar gegen das europaweite Spardiktat zu protestieren. Eine nächste Gelegenheit ist zum Beispiel mit Aktionen parallel zur Abstimmung im Bundestag im Juni, unsere Ablehnung des Spardiktats und die Solidarität mit Griechenland und anderen Krisenländern sichtbar zu machen.
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