Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag einen Beschluss zur Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen gefordert. Doch bis 2013 wird der Beschluss ohnehin an der FDP scheitern, meint Volkhard Mosler
Arbeitgeberverbände und Frankfurter Allgemeine Zeitung übten scharfe Kritik am Mindestlohn-Beschluss der CDU. Sie gefährde damit den Weg zu Vollbeschäftigung, noch nie seien so viele (41 Millionen) Menschen in Deutschland erwerbstätig gewesen. Und die FAZ nennt ausdrücklich die »arbeitsmarktpolitische Wende«, die es dank der Beschlüsse von Rot-Grün mit der Agenda 2010 gegeben habe: »Der Staat verkürzte den Bezug von Arbeitslosengeld und macht mit den Hartz-Gesetzen Druck, auch gering bezahlten Arbeit anzunehmen.«
Seitdem hat sich ein großer Niedriglohnsektor entwickelt: 1,4 Millionen Menschen sind sogenannte Aufstocker, die von ihrem Lohn allein nicht leben können. Zugleich sank der Teil der abhängig Beschäftigten mit Tarifschutz von 70 auf 50 Prozent.
Versprechen wie die SPD
Ein FAZ-Kommentator (»Der politische Lohn«, 2.11.2011) versteigt sich zu der Behauptung, dass Merkel mit ihrem Vorstoß für eine »allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze« ein Instrument mit »hohen Beschäftigungsrisiken« importieren wolle. Viel ist von Irritationen der Mitglieder der CDU die Rede, von einer Sozialdemokratisierung der CDU/CSU unter Merkel.
Das ist in der Tat gar nicht so falsch. Auch die SPD hat vor allen ihren Bundestagswahlkämpfen das Blaue vom Himmel herunter versprochen. Und so sollten wir auch diesen »Linksruck« (FAZ) von Merkel verstehen. Merkel macht zur Zeit das Gegenteil: sie verordnet Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und Irland Kürzungsorgien im Brüningschen Stil, darunter auch den Abbau von Lohnuntergrenzen.
Von Arbeit leben können
In kritischen Gewerkschaftskreisen wird dies als Wahlkampfvorbereitung für 2013 interpretiert. Der zweite IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel macht dazu keine Umschweife: »Das ist ein Placebo-Instrument, genau wie die CDU alles, was dieses Thema angeht, im Sinne von Placebo organisiert. Auch weiterhin werden viele Menschen in Deutschland von ihrer Arbeit nicht leben können.«
Der Beschluss der CDU sieht keinen allgemeinverbindlichen gesetzlichen Mindestlohn vor und auch keine allgemeine »Lohnuntergrenze«. Statt flächendeckender Regelungen soll es die Berücksichtigung »regionaler und branchenspezifischer Besonderheiten« geben., statt eines gesetzlichen Rahmens Verhandlungen in einer Kommission aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaftlern. Aber was ist, wenn die Arbeitgeber nicht zustimmen? Ohne Druck und ohne Kampf in den Betrieben haben sich die Unternehmer noch nie bewegt.
LINKE-Kampagne für Mindestlohn
Bis voraussichtlich 2013 wird der Beschluss ohnehin eine Fata Morgana bleiben, weil der Koalitionspartner FDP sich auch gegen branchenspezifische und regional differenzierte Lohnuntergrenzen ausgesprochen hat.
Eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung könnte trotzdem einen solchen echt sozialdemokratischen Wahlkampftrick nutzen, denn selbst falsche Versprechungen können und sollen ja auch Hoffnungen wecken. DIE LINKE sollte diese jetzt mit einer breiten Kampagne für einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro aufgreifen und dafür auch und gerade in den Gewerkschaften und Betrieben auftreten.
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