Ein Jahr ist in der Politik eine lange Zeit. Die Wahl von Barack Obama, dem ersten schwarzen Präsidenten der USA, symbolisierte für Millionen Amerikaner Hoffnung auf Wandel. Der US-amerikanische Schriftsteller Joe Bageant meint, dass die Dinge sich tatsächlich verändern – aber nicht zum Besseren.
In den Meinungsumfragen sinkt die Zustimmung zu Barack Obama deutlich. Millionen seiner ehemaligen Unterstützer sind mit einem schrecklichen Kater aufgewacht und mussten feststellen, dass ihre Taschen geleert und ihnen Räumungsbefehle an die Türen ihrer 400 Quadratmeter großen und mit zweitklassigen Hypotheken beliehenen Pappkartonhäuser geheftet wurden. Viele, die aus Abscheu über das Bush-Regime Obama gewählt haben, hören jetzt in ihren Autoradios den Republikanern zu, wenn sie durch die Gegend fahren und nach einem brauchbaren Platz suchen, an dem sie ihre Fahrzeuge vor dem Gerichtsvollzieher verstecken können. Deutet das jetzt nicht als Unterstützung für die Grand Old Party. Das ist nur das übliche Pingpongspiel aus Enttäuschung und Ekel, das nach den Flitterwochen jeder Regierung einsetzt.
Im Moment liegen die Zustimmungsraten für Obama im Bereich von 40 Prozent und würden in den Keller abrutschen, gäbe es nicht den Nachklang von seiner Wahl. Noch bleiben Millionen US-amerikanische Liberale ihm treu ergeben und glauben, er wird im dritten Jahr von den Toten auferstehen und zu Ruhm aufsteigen. Dieses frustrierende Pingpongspiel, in dem Erstwähler und enttäuschte und unentschiedene Altwähler hin und her gestoßen werden, ist alles, was US-amerikanische Wahlen noch bedeuten. Das macht beide Parteien sehr glücklich, weil sie in diesem Spiel nur den bekannten Feind bekämpfen müssen – sich gegenseitig -, statt gezwungen zu sein, sich mit echten Fragen zu beschäftigen, oder noch schlimmer: mit einem unabhängigen dritten Parteikandidaten, der die ein oder andere Lösung haben könnte. Es geht einzig darum, wer dem Hyänenrudel an der Wall Street das Geld übergibt.
Ein großer Teil der Menschen scheint an Linsentrübung zu leiden, die sie blind macht für die Kluft zwischen dem, was Obama sagt, und dem, was er tut. Das Nobelpreiskomitee verlieh den Friedenspreis 2009 gerade der Person, die in eben diesem Jahr die meisten Bomben auf die ärmsten Menschen des Erdballs abwerfen ließ. Das ist derselbe Mensch, der einen neuen Krieg in Pakistan begann, den anhaltenden Krieg in Afghanistan verschärfte und den Iran weiterhin bedroht, solange dieser sich nicht der verlogenen US-amerikanischen und israelischen Anschuldigungen, geheime Atomwaffen zu besitzen, für schuldig bekennt. Massenvernichtungswaffen die Zweite. Inzwischen wurden zwei Millionen Pakistaner »entwurzelt«. Eine beträchtliche Zahl von ihnen »lebt bei Gastfamilien«. Übersetzung: Sie leben gedrängt in überfüllten Häusern zu zehnt in einem Zimmer, brauchen die Nahrungsmittel- und Wasservorräte auf, überlasten die schon schwache Sanitärinfrastruktur und dienen als riesige Petrischale für Darm- und Atemkrankheiten.
Noch viel mehr leben weiterhin in der »Konfliktzone«. Nur Gott weiß, wie viele unschuldige Menschen in den Konfliktgebieten durch Obamas »notwendigen Krieg« getötet werden. Du weißt schon, der »gute Krieg« – der Krieg, der den nicht enden wollenden bösen Krieg im Irak, den wir weiterhin besetzt halten und wo wir noch mehr Stützpunkte bauen, wettmachen soll. Sodann gibt es Obamas ehrenwerte Bemühungen, den Terrorismus zu bekämpfen, indem er seine Truppen in Afghanistan aufstockt. Nun, wenn du dir die Truppenaufstellung der US-amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan ansiehst im Vergleich zu anderen Nato-Kräften dort, wirst du sie in einer netten gleichmäßigen Linie entlang einer Strecke, die leicht für eine Ölpipeline gehalten werden könnte, sehen – einer Strecke, die an den natürlichen Gasvorkommen in Usbekistan und Turkmenistan andockt und rein zufällig das angrenzende Russland und den Iran umgeht.
Hol dir das Opium und hau ab
Die Ausgaben der USA für den Krieg im Irak und in Afghanistan betragen 900 Milliarden US-Dollar. Zinsen plus die Verschwendung produktiver Ressourcen treiben die Kosten auf 3.000 Milliarden Dollar hoch. Im Vergleich dazu betrug der gesamte Haushalt für die Grundschul- und Sekundarbildung etwas über 800 Milliarden Dollar. Die Finanzexpertin Linda Bilmes von Harvard weist darauf hin, dass »nur solche Amerikaner, die ihre Einkommen aus dem militärischen und Sicherheitskomplex beziehen, irgendeinen Nutzen daraus ziehen«. Ich schickte eine E-Mail an Obama, um ihn darauf aufmerksam zu machen, und schlug vor, dass wir aus Afghanistan abziehen, uns das Opium holen und abhauen. Ich erhielt eine freundliche Antwort des Inhalts, dass mein Präsident dankbar für die Idee sei. Na dann.
Kürzlich gab es Aufruhr wegen unseres kleinen »Prügelladens« in der Guantánamo-Bucht. Gerüchteweise sollte er in ein »nicht ausgelastetes« Hochsicherheitsgefängnis in der völlig bankrotten Gemeinde Thompson, Illinois, verlegt werden. Das ist die Art von Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die Stalin verstanden hätte. Aber wenigstens ist die Rezession vorbei, wenn wir Ben Bernanke, dem Vorsitzenden der US-amerikanischen Bundesbank (Fed) glauben dürfen. »Die Fed« ist ein privates, unkontrolliertes Bankenkartell, das darüber entscheidet, wie viel ungedeckte Scheine gedruckt und in Umlauf gebracht werden können, um Profit für Banker abzuwerfen, ohne ihre Schneeballgewinnsysteme zu gefährden. Und der Chef dieser ehrenwerten Gesellschaft hat verkündet, dass die Rezession vorbei ist. Hallelujah! Wir können wieder aufhören, unsere Zigaretten selbst zu drehen und stattdessen die Fertigen kaufen, und wir können jetzt ganz hemmungslos durch den 1-Dollar-Laden laufen und verbeulte Konserven und billige chinesische Kniestrümpfe zusammenraffen.
Wie auch immer, 3,5 Millionen US-Amerikaner sind jetzt obdachlos, die meisten lebten vor wenigen Jahren noch ein normales Leben. Dazu gehören eine Million Schulkinder, die in Zelten schlafen, in Schuppen und anderen selbstgebastelten Unterkünften, und die jeden Morgen versuchen, an Schulen, die nicht einmal aus Erbarmen ihre Duschen zur Verfügung stellen, ein akzeptables Erscheinungsbild abzugeben. Nach regierungseigenen Berechnungen wird die Zahl der arbeits- und obdachlosen Menschen noch bis ins nächste Jahr weiter ansteigen. Zwangsversteigerung von Häusern und anschließende Obdachlosigkeit »haben den Höhepunkt noch nicht überschritten«, sagt Obama. Das Wahrheitsministerium der USA hat verkündet, dass unsere Arbeitslosenquote bei 10 Prozent liegt. Ich warte noch darauf, dem Amerikaner zu begegnen, der nicht weiß, dass die offizielle Arbeitslosenquote ein reines Fantasieprodukt ist. Eine Hälfte der Arbeitslosen – die Hälfte, die seit über einem Jahr arbeitslos ist – wurde aus der offiziellen Zählung einfach gestrichen. Puff! Die wirkliche Quote liegt irgendwo bei 20 Prozent. Die schlechte Nachricht, die die Regierung Obama offen zugibt, lautet: Die Arbeitslosigkeit wird aller Wahrscheinlichkeit nach steigen. Die verbliebenen Fabriken entlassen Arbeiter wegen der hohen Zinsen und warten auf eine Niedrigzinspolitik, ehe sie entscheiden, ob es sinnvoll ist, überhaupt wieder Arbeiter in die Produktion zurückzurufen.
Bis dahin wird die Hölle einfrieren. Denn die Banken erkennen ein fetteres Schwein, wenn sie eins sehen. Und dieses Schwein ist das Konsumentenkreditgeschäft (niemand hat bis jetzt gemerkt, dass Konsumenten Lohnschecks brauchen, ehe sie irgendetwas konsumieren können, egal ob auf Kredit oder sonst wie). Also verfolgt die Bundesbank eine Niedrigzinspolitik. Und in getreuer Übereinstimmung mit der Logik des Bankengeschäfts haben die Banken das Geld der Fed genommen und dann den Jahreszinssatz auf Kreditkartenkäufe und Dispositionskredite erhöht und auf Konten, die mit einem Bußgeld bei verspäteter Zahlung belegt sind. Als nächstes erhöhten sie die Verzugszinsen. Wenn Amerikaner in der Klemme stecken, dann ist es nur logisch, sie das ausbaden zu lassen. Das ist eine amerikanische Freimarkttradition.
Ein Analyst der Deutschen Bank erzählt mir, dass das Schlimmste erst noch kommt. Bankenpleiten und Zwangsversteigerungen von Häusern haben ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Der Bankrott des Immobilienmarkts steht bevor. Er sagte, dass es zwar kleinere periodische Aufschwünge geben wird, sich jetzt aber der überhöhte Wert des Dollars zeigt, da er gegenüber jeder anderen Währung fällt, außer denen, die zu ihrem Unglück an den US-Dollar gebunden sind. Der ehemalige Ministerialdirektor des Finanzministeriums, Paul Craig Roberts, sagt dazu: »Was für eine Art von Erholung ist das, wenn die sichersten Investitionen für einen Amerikaner darin bestehen, gegen den US-Dollar zu wetten?«
Am traurigsten ist aber, dass die Amerikaner wie Pilze kultiviert werden – sie werden im Dunkeln gelassen und mit Pferdescheiße gefüttert. Deshalb haben sie auch nicht die leiseste Vorstellung davon, dass es eine Alternative zu dem System, in dem sie schuften, gibt: demokratischen Sozialismus – Selbstregierung für das Wohl der Gesellschaft, was das Wahrheitsministerium Faschismus nennt. Ich wette, ihr habt von der »Debatte« über die »Gesundheitsreform« gehört. Tatsächlich gab es nicht viel Diskussion, nur eine Menge aggressives Gebaren und wilde Geschichten über Todesausschüsse für Alte von den Rechten einerseits und kriecherische Kapitulation der Linken andererseits. Die »Reform« stellte sich heraus als ein 70-Milliarden-Dollar Geschenk pro Jahr an die Versicherungsgesellschaften, indem die 45 Millionen Menschen, die sich eine Versicherung nicht leisten können, dazu gezwungen werden, trotzdem eine zu kaufen. Die Dollars der Steuerzahler werden die Differenz ausgleichen zwischen dem, was aus den arbeitenden Armen herausgepresst werden kann, und dem, was die Versicherungsgesellschaften fordern können. Obama und die Schoßhunde der Konzerne aus der Demokratischen Partei fiel nichts besseres ein als die komplette Übergabe an die Versicherungsindustrie. Die Versicherungsunternehmen haben immer deutlich gemacht, dass sie über Milliarden Dollar verfügen, mit denen sie jeden gewählten Politiker schlagen und vernichten können, der nicht an ihrer Seite steht.
Unterdessen wurde die Umweltschutzgesetzgebung im Wesentlichen auf den Emissionshandel beschränkt. Ganz im Geist des Kapitalismus werden die Konzerne ihre Verschmutzung profitabel verkaufen können, statt sie zu beenden. Selbst diese Gesetzgebung hat es kaum durch das Repräsentantenhaus geschafft. Und wenn du denkst, dein Land hat die absolute Schamgrenze erreicht, dann überrascht es dich mit einer neuen und noch schlimmeren Schandtat, in dem es den Goldstone-Bericht der Vereinten Nationen schreddert. Der Bericht dokumentiert die Kriegsverbrechen Israels im Ghetto von Gaza, wo 1,5 Millionen Palästinenser von Israel als elende Geiseln gehalten werden. Der israelische Angriff auf Zivilisten und die zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen unter Verwendung illegaler Munition wie hautschmelzendem weißem Phosphor war nach jeder Definition ein Kriegsverbrechen.
Die Vereinten Nationen und die Welt stimmen überein, dass das die Nürnberger Kriterien erfüllt und sogar übertrifft. Aber die USA haben sich niemals als Teil der übrigen Welt gesehen. Deshalb war die übrige Welt nicht überrascht, als das Repräsentantenhaus der USA mit 344 zu 36 Stimmen den Goldstone-Bericht verurteilte. Die Regierung Obama hat Zionistengruppen versprochen, dafür zu sorgen, dass dieser Bericht nie bei einem Strafgericht landet. Die Täter genießen Schutz. Zionisten allüberall warfen ihre Hüte in die Luft und jubelten.
Die erste Regel kapitalistischer Mathematik
In den ersten Tagen des Angriffs auf Gaza, am 4. Januar 2009, verkündete der frischgewählte Präsident Obama, er werde in seinen ersten beiden Amtsjahren drei bis vier Millionen Jobs schaffen oder retten. Neunzig Prozent davon in der Privatwirtschaft, und davon 400.000 im Straßen-, Brücken- und Schulbau und im Ausbau des Breitbandnetzes. Weitere 400.000 wurden für die Solarzellenherstellung vorhergesagt, für Windräder und Benzin sparende Autos, und eine Million im Gesundheitswesen und der Bildung. Die entscheidende Formulierung hier lautete »gerettete Arbeitsplätze«. Jeder nicht verlorene Job geht anscheinend in die Statistikrubrik der geschaffenen Jobs mit ein. Meine Rechenkünste reichen nicht sehr weit, aber es ist schwierig zu begreifen, wie jemand diese Behauptung aufstellen kann. Politische Mathematik findet in einem Antiraum der vierten Dimension statt, wo irdische Regeln nicht mehr gelten.
Eins weiß ich aber sicher: Für jeden Dollar, den eine Arbeiterin, ein Arbeiter nach dem Plan Obamas verdienen wird, verdient ein Beschäftigter eines kapitalistischen Konzerns fast zwei Dollar. Dieser mexikanische Junge, der entlang des Mittelstreifens der neuen Autobahn für den Subunternehmer Grassoden ausrollt, erhält vielleicht acht Dollar die Stunde, während sein Boss in derselben Zeit an ihm etwa 15,50 Dollar verdient. Als junger Mann in Colorado habe ich Grassoden gelegt, heuerte die mexikanischen Arbeiter an und händigte ihnen die Lohnschecks aus, ich weiß also, wovon ich spreche. Die erste Regel der kapitalistischen Mathematik lautet, dass es der Kapitalist ist, der die Regeln aufstellt. Obamas Plan füllt die Konzerntaschen also mehr als die des arbeitenden Menschen. Und doch wurde Obama von Konservativen beschuldigt, eine antikapitalistische, sozialistische Tagesordnung zu verfolgen. Diese Geschäftsleute nehmen überglücklich das Geld an sich, aber ihre Daumenregel lautet: »Zeig keine Dankbarkeit! Beiß die Hand, die dich füttert, damit sie dir vielleicht noch mehr gibt, oder sogar alles fällen lässt, das sie hält, damit du es dir schnappen und damit abhauen kannst, während eine sich ansammelnde Menge den vermeintlichen Sozialisten Obama steinigt.«
Am Ende erwies sich das Geklapper und Gerassel wegen Obamas Wirtschaftserholungsplan ohnehin als akademisch. Wall Street kam und setzte ihr ganzes Schwergewicht gegen das gesamte verdammte Land ein. Ihr gelang der dreisteste Raubzug der US-amerikanischen Geschichte. Es war ein genialer Schachzug, wenn bei Diebstahl von Genialität die Rede sein kann. Nach einem Treffen der fünf Familien – Citicorp, BOA, Morgan Chase, Wachovia und Taunus Corp – sagten die Finanzkartelle: »Der Nepp hat geklappt. Wir haben alles bekommen. Wenn du nicht bereit bist, uns die Ersparnisse und Anlagen der Leute auszuhändigen, damit wir diese wieder zurückverleihen können, wird dieser ganze Haufen Scheiße, den ihr Dienstleistungs- und Informationswirtschaft nennt, allen wie ein riesiger Meteor auf den Arsch fallen. Also pack 3 Billionen Mäuse in die Panzerautos und niemand wird verletzt werden – oder sieh zu, wie die Ökonomie zusammenschrumpft, bis die Trottel da draußen in ihren Anliegerstraßen und Pappewohnungen nicht einmal mehr das Taxigeld für ihre Fahrt zum Armenhaus zusammenkratzen können. Es liegt ganz bei dir, Barack.«
Letztens habe ich gehört, dass die Banken die Kohle nie durch die Hände von Menschen oder auch nur in Form von Geschäftskrediten zirkulieren ließen. Stattdessen erklärten sie einen Profit, teilten ihn in Boni auf und gratulierten sich selbst. Reich werden durch Bankrott, dann noch reicher werden durch die Beraubung der Regierung, der gesamten US-amerikanischen Öffentlichkeit und schließlich der ganzen Welt, 1,5 Billiarden Wolken giftiger Derivate hinterlassen, um noch mehr Geld zu verschlingen, ehe alles wie ein dunkler Stern implodiert. Und tatsächlich sind die Derivate astronomisch. Sie repräsentieren 180.000 Dollar Schuldenlast für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind der Erde (obwohl ich nicht verstehen kann, warum wir die Schulden als real ansehen sollen, wenn das Geld nicht real ist). Die Gangster haben sich in ihren toskanischen Villen zur Ruhe gesetzt, um ihre Beute zu genießen, während die armen Deppen in den USA neue Wege finden müssen, das Familienauto vor dem Gerichtsvollzieher zu verstecken. Sagt was ihr wollt über mein Land, aber Raub und Plünderei wurden noch nie so elegant ritualisiert, institutionalisiert und exekutiert.
Die Rache des grinsenden George
Wir haben von George W. Bush nicht viel gehört, seit er seine Comicbücher gepackt hat und nach Dallas umgezogen ist. Aber seine Politik klebt wie stinkende Hundepisse an Obamas Weißem Haus. Auslieferungen und Ermordungen gehen weiter, so wie das Ausspähen der Bürger ohne richterliche Anordnung neben anderen Verletzungen der Bürgerrechte im Namen des »Kriegs gegen Terror«. Aber Obama und die Demokraten weigerten sich, Bush und Cheney vor Gericht zu stellen. Auf diese Weise wird kein Wachteljäger in Georgia jemals sicher sein, solange Cheneys Herzschrittmacher funktioniert, und die Präzedenzfälle, die die kriminellste Regierung der US-Geschichte geschaffen hat, werden zur Norm. George Bush verließ sein Regierungsbüro mit demselben Grinsen, das er beim Betreten des Weißen Hauses aufgesetzt hatte. Er windet sich jetzt vermutlich in hysterischem Lachen. Seine Gang kam nicht nur sauber davon, sondern Obama spielt den würdigen Erben der Bush-Cheney-Politik.
Und fast wie um die ganze Eskapade mit einer Kirsche der Ironie zu krönen, befindet sich der schlechteste Redner unter den Präsidenten der US-Geschichte jetzt auf einer Rundreise, um über Motivation zu sprechen, und das für 200.000 Dollar je Auftritt. Realisten unter den Linken haben schon lange gewusst, dass der letzte Akt des amerikanischen Kapitalismus des starken Arms eine enorme Umverteilung des Reichtums von der großen Masse der Bevölkerung zu den besitzenden Klassen durch den privaten Finanzsektor sein wird. Aber nur wenige haben wohl erwartet, dass das unter dem ersten schwarzen Demokraten-Präsidenten und einer Mehrheit der Demokraten im Senat wie im Repräsentantenhaus stattfinden wird. Ein liberaler Blogger fragt sich laut: »Stellt euch vor, was die Republikaner getan hätten, wenn John McCain gewählt worden wäre.« Dasselbe, mein Bruder, dasselbe. Nur mit einer anderen Titelgeschichte. Beide Parteien existieren ausschließlich im Dienste ein und derselben Verbrechersyndikate.
Zum Autor:
Joe Bageant ist Schriftsteller und lebt in den USA. Er ist Autor des Buchs »Deer Hunting with Jesus – Guns, Votes, Debt and Delusion in Redneck America«.
Zum Text:
Der vorliegende Artikel erschien zuerst in der britischen Monatszeitschrift »Socialist Review« vom Januar 2010. Aus dem Englischen von Rosemarie Nünning und David Paenson.
(1) Cheney hatte Anfang 2006 während einer Jagd einen Mann angeschossen, der zwei Tage später an den Folgen seiner Verletzung starb.