Vor zwei Jahren veröffentlichte Thilo Sarrazin sein umstrittenes Buch »Deutschland schafft sich ab«. Als Gegenmittel empfiehlt Michael Klein »Die Panikmacher« von Patrick Bahners, das jetzt als Taschenbuch erschienen ist
Islamophobie – eigentlich antimuslimischer Rassismus – existiert nicht erst seit Thilo Sarrazin. Doch der ehemalige Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand hat mit seinem 2010 erschienenen Buch »Deutschland schafft sich ab« die Hetze gegen Muslime auf neue Höhen getrieben.
Mit seinem 2011 veröffentlichten Buch »Die Panikmacher« gibt der damalige Feuilletonchef der FAZ Patrick Bahners ein Gegenmittel gegen die Feindschaft gegen Muslime und analysiert die Motive der so genannten Islamkritiker.
Krieg gegen den Islam
Autorinnen und Autoren wie Necla Kelek, Mina Ahadi, Monika Maron, Ralph Giordano, Udo Ulfkotte, Hendryk M. Broder und ihre Anhänger wähnen sich schon seit langem in einem Krieg gegen den Islam. Bahners seziert ihr Vokabular und ihre Hetztiraden, ihre Verachtung gegenüber Muslimen.
Er verweist auf die Doppelmoral, wonach ein Thilo Sarrazin seine rassistischen Hetzereien verbreiten, aber eine Kopftuch tragende muslimische Lehrerin nicht in den Schuldienst eintreten darf.
Fragwürdige Motive
Die Methoden der IslamkritikerInnen haben in Bahners‘ Augen religiösen Charakter. Auf der einen Seite wünschen sie sich einen omnipotenten Staat, der wie ein gnadenlos strafender Gott Muslime in ihre Schranken weist. Auf der anderen Seite gehört für sie der Sozialstaat abgeschafft. Besonders Gelder für Integration sind für sie kontraproduktiv und gehören abgeschafft.
Bahners zeigt, wie Motive, die zuvor aus der rechtsextremen Propaganda bekannt waren, mitten in die Gesellschaft eingesickert sind. Ausgerechnet der Holocaustüberlebende Ralph Giordano beklagt den historischen Schulddruck, der es den Deutschen angeblich unmöglich mache, sich Integrationsproblemen zu stellen.
Hofierte Autorin
Interessant ist das Kapitel über Necla Kelek. Trotz argumentativer Widersprüche und zahlreicher widerlegter Falschbehauptungen (»bei jeder zweiten Ehe handelt es sich um eine Zwangsheirat«, »immer mehr muslimische Eltern melden ihre Kinder vom Sport- und Schwimmuntericht ab«), wird sie ständig von den Medien hofiert.
Die Gründe für ihr Verhalten sind in ihrer Vergangenheit zu suchen. In dem ihr gewidmeten Kapitel geht Bahners auf von ihr erlebte Vorfälle ein, die sie geprägt zu haben scheinen.
Informatives Buch
Von den bisher erschienenen Büchern, die mit der seit Jahren um sich greifenden Islamhetze abrechnen, ist Bahners‘ Buch das informativste. Dass der Autor Feuilletonchef einer Zeitung war, in deren Kulturabschnitt zahlreiche Autoren wie Sarrazin und Kelek unkommentiert ihren Hetztiraden freien Lauf lassen konnten, mag einem auf den ersten Blick bedenklich erscheinen.
Man hätte sich schon lange eine Kritik seitens Bahners gewünscht. Das schmälert aber nicht sein überzeugendes Plädoyer für einen fairen Umgang mit dem Islam und den Menschen, die diesem Glauben angehören und ihn ungestört leben wollen.
Das Buch:
Patrick Bahners
Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam
Deutscher Taschenbuch Verlag
München, 2012
352 Seiten
12,90
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