Der neue NPD-Vorsitzende Holger Apfel bezeichnet sich als »seriösen Radikalen«. Doch das ist nur eine neue Fassade für den alten Rassismus, meint Marwa Al-Radwany
126 zu 85 Stimmen für Holger Apfel: Die Delegierten des Bundesparteitags der NPD gaben am Wochenende in Neuruppin ein klares Votum ab, wer in Zukunft die Geschicke der rechten Nazipartei leiten soll. Der sächsische Fraktionsvorsitzende Apfel löst damit den seit 15 Jahren amtierenden Parteivorsitzenden Udo Voigt ab und leitet eine strategische Wende ein.
Voigt lobte Hitler
Der klassische Nazikader Voigt war dafür bekannt, klare Kante zu zeigen. In einem Interview mit der Jungen Freiheit unter der Schlagzeile »Ziel ist, die BRD abzuwickeln« nannte er Hitler »einen großen deutschen Staatsmann« und auf den Wahlplakaten der NPD im Berliner Landtagswahlkampf diesen Herbst posierte er auf seinem Motorrad unter der Parole »GAS geben!« – eine eindeutige Anspielung auf den industriellen Massenmord im Dritten Reich.
Vor dem Hintergrund sinkender Wahlergebnisse warf Holger Apfel seinem Vorgänger »strategische Defizite« vor. Er selber stehe hingegen für »seriösen Radikalismus«. Die NPD könne nur erfolgreich sein, wenn sie »gegenwartsbezogen und volksnah« agiere.
Islamfeindlichkeit bedienen
Wie das aussehen soll, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Möglicherweise hat sich Apfel Strategien seiner europäischen Schwesterparteien abgeschaut. Beim französischen Front National etwa, der auf seine miserablen Wahlergebnisse bei den letzten Präsidentschaftswahlen mit einem Personal- und Strategiewechsel reagiert hat.
So setzt Marine Le Pen, Tochter des beinharten Antisemiten und früheren Parteiführers Jean-Marie Le Pen, statt auf plumpe Hetze gegen Einwanderer nun auf Debatten über »Werte, Sitten und französische Lebensweise« sowie die »Laizität«.
Damit bedient sie geschickt die grassierende Islamfeindlichkeit, denn 49 Prozent der Französinnen und Franzosen finden, dass »man dem Islam und den Moslems in Frankreich zu viele Rechte zugesteht«. Ähnliche Umfragewerte existieren auch für Deutschland.
Der Rassismus bleibt
Vielleicht ist Holger Apfel bewusst geworden, dass Hitlerverehrung und Anspielungen auf Gaskammern zwar bei seinen rechten Kameraden gut ankommen, nicht aber bei der breiten Masse der Bevölkerung. Setzt er dagegen auf Islamfeindlichkeit, könnte die NPD ihre Isolation durchbrechen.
Doch auch wenn Apfel zukünftig auf die großen Provokationen verzichten wird, um neue Wählermilieus zu erschließen, sollte das nicht darüber hinwegtäuschen, wes Geistes Kind er ist: Schließlich war Voigt jahrelang sein politischer Ziehvater und in Landtagsdebatten bezeichnete er schon mal Migranten als »Wohlstandsneger«.
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