Mit einem kontroversen Film über das Klonen von Menschen variiert der Regisseur Benedek Fliegauf das Thema der Grenzen des Machbaren. Thomas Walter hat sich den Streifen angesehen
Der ungarische Regisseur Benedek Fliegauf spricht mit seinem Film »Womb« (Gebärmutter) eine Vielzahl von Themen an. Es geht um Mensch und Natur, technischen Fortschritt, Profitinteressen, Rassismus, um ewig Menschliches wie Liebe, Tod und Treue. Und mit den Motiven der unbefleckten Empfängnis und der Jungfräulichkeit vor der Ehe verschreckt Fliegauf auch noch Linke. Entsprechend dieser Bandbreite weiß man nie so richtig, ob dieser Film ein kitschiger Liebesfilm, Science Fiction, ein politischer oder psychologischer Horrorfilm oder womöglich ein raffinierter Werbefilm für Konzerne ist.
Rebecca und Thommy sind neu verliebt. Thommy kämpft politisch gegen die Biokonzerne, die in diesem Film für den Profit Menschen klonen und künstliche Lebewesen schaffen. Rebecca, die selbst für Ölkonzerne arbeitet, unterstützt Thommy mehr aus Liebe denn aus Überzeugung. Da tötet ein Autounfall Thommy. Der Film ist nicht zu Ende, denn für Rebecca ist bald klar: die modernen technischen Möglichkeiten müssen her. Thommys Vater gibt hinter dem Rücken seiner Mutter Rebecca heimlich Körperzellen seines Sohnes weiter, lehnt aber jede Verantwortung ab. So wird Rebecca in einer Privatklinik schwanger und zieht bald als alleinerziehende Mutter den neuen Thommy groß.
Rassistische Parolen
Thommy wächst scheinbar normal auf. Aber eines Tages erschreckt er seine Mutter, als er den rassistischen Parolen seiner Spielgefährten folgt und mit einem Mädchen nicht spielen will, weil die ein »Klon« sei. Thommy beginnt zu ahnen, dass auch mit ihm etwas nicht stimmt. Wütend tötet er einen lebendigen Spielzeugsaurier, ein Produkt der Biokonzerne, das ihm seine Mutter geschenkt hat. Die Mutter findet das Tier, es ist jetzt aber nur noch als altmodisches Stofftier zu verwenden.
Jahre später entsteht ein neues Problem. Der inzwischen erwachsene Thommy hat eine Freundin. Rebecca gelingt es, diese Konkurrentin wegzuekeln. Endlich klärt sie Thommy auf. Dieser, völlig verwirrt, schläft mit seiner Mutter. Für Rebecca scheint es das erste Mal zu sein, sie hat sich jungfräulich für den Einen bewahrt. Thommy bedankt sich bei seiner Mutter artig für alles, hat aber doch genug und zieht seiner Wege. Rebecca bleibt mit neuem Kind schwanger zurück.
Neue technische Möglichkeiten
Der Film wirft viele Fragen auf. Schafft der Kapitalismus immer noch neue technische Möglichkeiten? Sind die Profitinteressen der Konzerne doch nicht so schlecht, wenn dadurch eben diese neuen technischen Möglichkeiten geschaffen werden? Rebecca ist in dem Film keine Linke, sie kämpft vielmehr für ihre Wünsche und Werte eben mit dem, was der Kapitalismus bietet.
Kritisieren kann man, dass, wie in vielen anderen Filmen auch, Geld keine Rolle spielt. Thommy brettert im Landrover zur Protestveranstaltung. Rebecca verdient ihr gutes Gehalt vom Heimcomputer aus in einem Haus in der Wildnis fernab aller ökologischen Probleme.
Per Klonen neu geschaffen
Der Film stört gewohnte Denkmuster. Wenn zu Beginn des Filmes das Kind Rebecca von seiner großen Kinderliebe Thommy auf Jahre getrennt wird, weil die Mutter beruflich nach Japan muss, denkt man sich da nicht viel dabei, ist halt ein unvermeidlicher Schicksalsschlag. Wenn aber Rebecca Schicksal spielt, indem sie einen gestorbenen Menschen per Klonen neu schafft und so dessen ganzes Leben bestimmt ohne dass natürlich der geklonte Thommy da mitreden konnte, dann empfinden wir das als unnatürlich. Aber müssen nicht auch die alltäglichen sogenannten Sachzwänge hinterfragt werden?
Der Filmemacher greift linke Klischees an, wenn etwa die Wortführerin der Anti-Klon-Mütter keine Nazimutter ist, sondern mit schwarzer Hautfarbe selbst einer diskriminierten Gruppe angehört, oder wenn die Mutter von Rebecca, die das Klonen verweigert, weil sie »nicht mehr zurück haben möchte, was die Natur genommen hat«, keine religiöse Fundamentalistin ist, sondern als politisch progressiv und bekennende Atheistin dargestellt wird.
Der Film kann vieles nicht beantworten und gibt vielleicht die eine oder andere falsche Antwort. Er stellt aber wichtige Fragen, auf die auch Linke eine Antwort brauchen.
(Anm. d. Red.: Der letzte Abschnitt wurde gegenüber der ersten Fassung leicht überarbeitet.)