10000 Menschen haben am 15. September in Berlin für den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan demonstriert. Sie forderten den Bundestag auf, in den bevorstehenden Abstimmungen die Beteiligung an ISAF und OEF sowie den Einsatz von Tornado-Kampfflugzeugen abzulehnen. Wenig später gingen in Washington, USA, 100.000 Menschen auf die Straße und forderten den Rückzug der US-Armee aus dem Irak.
Block der LINKEN auf der Demo. Fotostrecke hier
Aufgerufen hatte ein Bündnis verschiedener Kräfte aus der Friedensbewegung, aber auch DIE LINKE war stark vertreten. Aus Nordrhein-Westfalen beispielsweise waren 1000 Menschen mit einem Sonderzug anreist, den verschiedene Friedensorganisationen, die Migrantenorganisation DIDF, Globalisierungskritiker von Attac und DIE LINKE NRW gemeinsam organisiert hatten.
Die Demonstration war die erste bundesweite Mobilisierung für einen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Lühr Henken, Friedensaktivist aus Hamburg, erklärte, dass ein Rückzug der Bundeswehr auch die Bush-Regierung unter Druck setzen würde. Peter Grottian als Vertreter der sozialen Bewegungen betonte den Zusammenhang zwischen Kriegstreiberei und Demokratieabbau.
Er forderte massenhafte zivilen Ungehorsam gegenüber Rüstungsfirmen und Armeeeinrichtungen. Er erinnerte daran, dass die Friedensbewegung gemeinsam mit Oskar Lafontaine und Heinrich Böll 1983 die US-Basis in Mutlangen blockierte, als dort Atomraketen stationiert werden sollten.
Karsai und die Kriegsverbrecher
Tahera Shams aus Afghanistan stellte in Frage, dass die westlichen Regierungen durch den Sturz der Taliban die afghanischen Frauen befreit hätten. Die Besatzungstruppen würden die Regierung Karsai unterstützen, in der reaktionäre Kräfte und Kriegsverbrecher säßen, die nicht besser als die Taliban seien.
Der angekündigten Politikerbefragung stellten sich nur Hans-Christian Ströbele von den Grünen per aufgezeichnetem Interview und MdB Wolfgang Gehrcke von der LINKEN live. Von Union, FDP und SPD war niemand erscheinen.
Gehrcke griff in seinem Beitrag die Begründung der Bundesregierung für die Einsätze an: „Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt, sondern Deutschland führt Krieg am Hindukusch. Und Soldaten sind keine Entwicklungshelfer in Uniform, sondern werden als Besatzer wahrgenommen.“
Wie die meisten Redner betonte er, dass die Mehrheit der Bevölkerung laut vielen Umfragen hinter den Forderungen der Demonstration stehe. „Keine Regierung kann auf Dauer gegen Mehrheiten regieren, wenn sich Mehrheiten wehren.“
Gewerkschaften, Kirchen, Grüne fehlten
Die Demonstration spiegelte allerdings nicht die Breite der Ablehnung des Einsatzes in der Bevölkerung wieder. Neben der SPD fehlten auch die Gewerkschaften und Vertreter der Kirchen sowie der Grünen, die parallel einen Sonderparteitag zum Thema Afghanistan in Göttingen abhielten.
Verschiedene Redner äußerten die Hoffnung, dass die Basis, die den Parteitag erzwungen hatte, die Partei wieder in die Friedensbewegung zurück führen werde. Das Ergebnis des Sonderparteitages, der von den Grünen-Bundestagsabgeordneten forderte, auch den ISAF-Einsatz abzulehnen, da die Bundesregierung ihn mit dem Einsatz der Tornado-Kampfflugzeuge verknüpft hatte, war auf der Demonstration noch nicht bekannt.
Alle Redner betonten, dass es sich bei der Demonstration um einen Auftakt handele, der länger angelegte Aktionen folgen müssten. Noch bis zum 5. Oktober beispielsweise werden Unterschriften für eine Petition gesammelt, die den Rückzug fordert.
Internationale Rückendeckung bekamen die Demonstranten von dem langjährigen britischen Aktivisten Tariq Ali, der US-Kriegsgegnerin Kelly Campbell (Artikel), sowie von der kanadischen Friedensbewegung, die ebenfalls für einen Rückzug der Soldaten aus Afghanistan kämpft und eine Solidaritätsadresse geschickt hatte. Wenige Stunden später gingen in Washington, USA, 100.000 Menschen auf die Straße und forderten den Rückzug der US-Armee aus dem Irak.
Infos zur Petition: www.auslandseinsaetze-beenden.de
(Text und Fotos: Jan Maas)