Die GDL und die Bahn-Bosse haben sich geeinigt. Bleibt es beim Ausgehandelten war der Streik der Lokführer erfolgreich und ist damit ein positives Signal für alle Arbeitnehmer. Ein Kommentar von Yaak Pabst, Redakteur marx21
Deutsche Bahn AG und GDL haben sich nach monatelangem Arbeitskampf der Lokführer auf Lohnerhöhungen von im Schnitt elf Prozent, eine Einmalzahlung von 800 Euro und eine Verringerung der Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden geeinigt. Doch Bahn-Boss Mehdorn bebt. Er findet, der Kompromiss sei „Niederlage nicht nur für die Bahn, sondern auch für den Standort Deutschland". Auch Ex-Mobil-Managerin Suckale, ebenfalls Mitglied im Bahnvorstand wetterte: „Mit diesem Abschluss haben wir die Grenzen des wirtschaftlich Vertretbaren überschritten."
Zwar ist der Tarifvertrag zwischen Deutscher Bahn AG und GDL noch nicht unterschrieben und wahrscheinlich wird es bei dem sich abzeichnenden endgültigen Vertrag zwischen Deutscher Bahn AG und GDL noch die eine und andere Fußangel geben. Aber das sich Neoliberale und Spitzenverdiener wie Mehdorn und Suckale über den ausgehandelten Kompromiss beschweren ist ein gutes Zeichen. Sie ahnen was alle wissen: Bleibt es bei der vorgestellten Einigung zwischen Deutscher Bahn AG und GDL, wäre das ein Erfolg für die Lokführer und eine Niederlage für die Bahn-Bosse.
Forderungen durchgesetzt
Denn die drei wichtigsten Forderungen der GDL wurden durchgesetzt: Zum einen ist wahrscheinlich das es einen weitgehend eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer gibt. Zwar liegt die ausgehandelte Lohnerhöhung von 11 Prozent unter den geforderten 31-Prozent. Trotzdem sind 11 Prozent Lohnerhöhung ein klarer Bruch mit den mageren Abschlüssen der vergangenen Jahre.
Selbst wenn von den 11 Prozent noch acht bis neun Prozent übrig belieben, so wird dieses Ergebnis, zusammen mit den 800 Euro Einmalzahlung, doch fast bei dem Doppelten dessen liegen, was Transnet und GDBA mit ihrem Kuschelkurs pro Bahnprivatisierung erzielt hatten. Zum Dritten ist die wichtige Forderung der Arbeitszeitverkürzung von 41 auf 40 Stunden vereinbart worden.
Auch die anderen Bahnbeschäftigen können am Erfolg der Lokführer teilhaben. Denn die anderen beiden Bahngewerkschaften Transnet und GDBA haben bei ihrem Abschluss im Frühsommer vereinbart, dass nachverhandelt werden kann, wenn die GDL ein besseres Ergebnis erzielt.
Der Teilerfolg der Lokführer stellt außerdem einen wichtigen Beitrag zur Blockierung der Bahnprivatisierung dar. Die Deutsche Bahn AG muss in Folge des Erfolgs der Lokführer und mit den damit verbundenen Nachforderungen der anderen Gewerkschaften einen Betrag von ca. 400 Millionen Euro bereitstellen. Bei einem operativen Gewinn der Deutschen Bahn AG von rund 2,5 Milliarden Euro ist das nicht viel aber in dieser Höhe werden die aggressiven Übernahme und Aufkaufpläne der Deutschen Bahn AG im Ausland beeinträchtigt. Außerdem wird der Appetit privaten Investoren, Anteile an einem Unternehmen zu erwerben, bei dem es eine gut organisierte Belegschaft mit aufsässiger und erfolgreicher Gewerkschaft gibt, mit diesem Abschluss, hoffentlich nachlassen.
Signalwirkung
Noch ist zu wenig über den Abschluss bekannt, um eine genaue Analyse der Haken und Ösen zu geben. Das Signal ist aber schon jetzt gegeben: Streiks können einen Großkonzern, obwohl er von Politik, Medien und Teilen des DGB unterstützt wurde, in die Knie zwingen: Das Tarifjahr 2008 wird mit einer kräftigen Lohnerhöhung eröffnet. Der GdL-Abschluss ist Rückenwind für den jetzt anlaufenden Lohnkampf der anderen Gewerkschaften beispielsweise von ver.di für den Öffentlichen Dienst. Das räumte auch DGB-Chef Sommer ein, der von einem „beachtenswerten Startschuss für die Tarifrunde 2008" sprach. Werner Dreibus gewerkschaftspolitischer Sprecher der LINKEN sieht das ähnlich: „Ich hoffe, dass das bemerkenswerte Ergebnis der Lokführer Auswirkungen auf die anderen Tarifrunden 2008 hat. Auch die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel sollten ein größeres Stück vom Kuchen abbekommen."
Am 10. Januar begannen die Verhandlungen der Gewerkschaft Ver.di mit den Arbeitgebern im Öffentlichen Dienst. Ver.di fordert 8 Prozent, mindestens aber 200 Euro. Laut einer ersten Umfrage halten 60 Prozent der Bevölkerung die Forderung für angemessen oder sogar zu niedrig – die Gewerkschaft Ver.di kann also innerhalb der Bevölkerung auf einen ähnlichen Rückhalt bauen wie die Lokführer.
Warnstreiks werden aller voraussichtlich Mitte Februar losgehen. Für die sozialen Bewegungen und die LINKE wird die Solidarität mit ver.di in den nächsten Monaten wichtig sein. Die verdi-Tarifrunde berührt ein zentrales gesellschaftliche Projekt der LINKEN: Umverteilung von oben nach unten.
Gleichzeitig ist eine Tarifrunde im öffentlichen Dienst immer direkt politisch, weil über die Frage der Finanzierung von Lohnerhöhungen die Frage der Steuerpolitik berührt wird. Hier kann LINKE mit ihrer Forderung nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Streiks im Öffentlichen Dienst leisten. Auf das die Lokführer nur der Auftakt waren. Streiken lohnt sich – los geht's.
Zum Autor:
Yaak Pabst ist Politologe und hat seine Diplomarbeit über „Die Zusammenarbeit von Gewerkschaften und globalisierungskritischer Bewegung“ geschrieben. Er arbeitet als Redakteur für marx21.
Mehr auf marx21.de: