Bewegung an den Unis: An mehr als 50 Hochschulen halten Studierende Hörsäle besetzt, um für bessere Bildung zu kämpfen. Am 17. November folgt ein Aktionstag. marx21.de sprach mit Stefanie Graf, Bundesgeschäftsführerin des Studierendenverbands Die Linke.SDS über Hintergründe und Forderungen
marx21.de: Was sind die Kernforderungen des Aktionstags am 17. November?
Stefanie Graf: Uns geht es um einen grundlegenden Kurswechsel in der Bildungspolitik. Das gegenwärtige System verschärft die soziale Ausgrenzung und hat zu unzumutbaren Studienbedingungen geführt. Kernforderungen der Demonstration sind die Abschaffung bzw. Verbot von Studien- bzw. Bildungsgebühren, Ausfinanzierung der Studienplätze zur Abschaffung der Zulassungsbeschränkungen und die Abschaffung des Bachelor/Master-Systems in der derzeitigen Form. Dringend notwendig ist, dass die Hochschule demokratisiert wird und Studierende die Möglichkeit erhalten, über ihr Studium mitzubestimmen.
Wie soll das alles finanziert werden?
Bildung muss öffentlich finanziert werden, denn es kann nicht sein, dass die Wirtschaft die Inhalte und die Struktur eines Studiums bestimmt. Dass mehr Geld für Bildung möglich ist, sieht man daran, dass die Bundesregierung innerhalb kürzester Zeit Milliarden für die Rettung von Banken bereitstellte. Notwendig ist ein gerechteres Steuersystem, das die Umverteilung von unten nach oben beendet.
In Berlin und jetzt auch in Brandenburg regiert die LINKE mit. Ist das eine Hilfe oder eine Hürde bei der Durchsetzung dieser Forderungen?
Die zukünftige Regierung in Brandenburg hat beschlossen, die Excellenzinitiativen zu unterstützen. Das widerspricht klar einer Forderung nach einer Breitenförderung und einer Öffnung der Hochschulen. Außerdem sehe ich eine Gefahr, dass ein Zweitstudium dort zukünftig gebührenpflichtig sein soll, denn Gebühren dafür sind leicht ein Einfallstor für generelle Studiengebühren. Wenn DIE LINKE in Landesregierungen solche Maßnahmen einleitet, schwächt sie nicht nur die Bildungsstreik-Bewegung, sondern unterminiert auch den Anspruch der LINKEN, eine ernsthafte Alternative zur herrschenden Hochschulpolitik zu formulieren.
Wie steht Die Linke.SDS zu der Besetzungsbewegung?
Wir unterstützen sie nach Kräften. Die Linke.SDS ist seit Dezember letzten Jahres im Bildungsstreikbündnis aktiv und wir haben uns in die Organisation der Protestwoche im Juni 2009 eingebracht. Durch die Massendemonstrationen im Juni wurden die Forderungen zwar aufgenommen, aber nicht verwirklicht. Die Besetzungsbewegung ist ein nächster Schritt im Kampf für bessere Bildung. Als Studierendenverband Die Linke.SDS unterstützen wir diese aktiv und hoffen, an einer Ausweitung der Besetzungen mitzuwirken.
Wie stellt sich Die Linke.SDS ein sozial gerechtes Bildungssystem vor?
Wir fordern, dass alle den Bildungsabschluss erhalten können, den sie möchten. Dies fängt bei den Kindergärten und Schulen an und muss bis zur Hochschule möglich sein. Jedem muss die größtmögliche Förderung von Anfang an geboten werden, und die soziale Herkunft darf hierbei keinerlei Rolle spielen.
(Das Gespräch führte Jan Maas.)
Mehr im Internet:
- »Schavan lügt«: Kommentar von Die Linke.SDS zur Vereinnahmnung der Bildungsproteste durch die Bildungsministerin
Mehr bei marx21.de:
- 150.000-mal Streik: Bericht über die Bildungsbewegung im Sommer 2009
- Aufklärung in der Aktion: Über die Möglichkeiten linker Hochschulpolitik unter den Bedingungen von Bachelor und Master