Einen ersten, kleinen Erfolg kann die seit kurzem im hessischen Landtag vertretene LINKE verbuchen: Ihr Antrag für einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Afghanistan ist mit den Stimmen von SPD und Grünen angenommen worden.
Zu dem beschlossenen Abschiebestopp erklärte Marjana Schott, parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE im hessischen Landtag: »Es war ein guter Tag für von Abschiebung bedrohte Afghanen und für Flüchtlingsinitiativen und Menschenrechtsorganisationen, die sich einen humanen Umgang mit Flüchtlingen auf die Fahnen geschrieben haben, und die vor Abschiebungen in das von Krieg zerrüttete Land warnen.«
Allerdings weigert sich Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU), den Landtagsbeschluss umzusetzen. Dieser liege weder im Interesse des Landes noch der Betroffenen, meinte Bouffier laut »Frankfurter Rundschau«. Neben der Union hat auch die FDP gegen den Antrag gestimmt. Solange Bouffier blockiert, ändert sich demnach für die betroffenen Flüchtlinge nichts.
Seit der Innenministerkonferenz im Juni 2005 können Afghanen aus Deutschland abgeschoben werden, obwohl sich die Lage in Afghanistan nicht gebessert hat und sie dort zahlreichen Gefahren ausgesetzt sind.
Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) warnt davor, »Abschiebungen nach Afghanistan vor dem Hintergrund möglicher alternativer Schutzmöglichkeiten im Lande selbst durchzuführen. Wer vor Verfolgung oder allgemeiner Gewalt aus seiner Heimatregion in Afghanistan flieht, hat grundsätzlich keine Möglichkeit, anderswo im Lande Schutz zu finden«.
Lokale Kommandeure und bewaffnete Gruppen sind laut UNHCR »oftmals in der Lage, ihren Einfluss über die lokalen Gebiete hinaus auszudehnen. Zudem seien staatliche Behörden größtenteils nicht in der Lage, effektiven Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu gewährleisten«.
Die UN-Organisation betont, dass es bei der entscheidenden Frage der Sicherheit keinen Durchbruch gegeben habe: »Erhebliche Teile Afghanistans seien weiterhin aktive Kampfgebiete.«
Die internationale »Schutztruppe« ISAF, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist, ist zudem selbst ein Sicherheitsrisiko. Sie ist verwickelt in die Kriegsführung und damit eine Bedrohung für die afghanische Bevölkerung.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty international (ai) klagt ISAF an, »zum Komplizen von Folter zu werden.« In einem im November veröffentlichten Bericht analysierte amnesty international »die Praxis der ISAF, Festgenommene an afghanische Behörden – insbesondere den Geheimdienst – zu übergeben. Laut Informationen von ai sind mehrere Personen nach Übergabe durch die ISAF gefoltert worden oder verschwunden«, heißt es in einer Presseerklärung der Organisation. Auch deutsche ISAF-Einheiten hätten mehrere Personen übergeben.
DIE LINKE beruft sich auch auf die Berichte des Auswärtigen Amtes. »Nach diesen sei die Lage in großen Teilen Afghanistans instabil, Menschen müssten in vielen Regionen des Landes um Leib und Leben fürchten«, erklärte Marjana Schott. »Gehe es jedoch um die Frage von Abschiebungen, werde von Seiten der CDU gerne über solche Sachverhalte hinweg gegangen«, so Schott weiter.
(Frank Eßers)
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