Tausende Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes in Berlin haben heute für eine bessere Bezahlung demonstriert und sind in den Warnstreik getreten. Auch LINKE-Mitglieder nahmen teil und kritisierten den rot-roten Senat.
In zwei Demonstrationszügen zogen 6.500 Lehrer, Erzieher, Polizisten, Angestellte der Verwaltung und andere zum Roten Rathaus.
Aufgerufen hatten die Polizeigewerkschaft GdP, die Bildungsgewerkschaft GEW, die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die IG BAU. Die Gewerkschaften fordern eine Übernahme des Tarifvertrags der Länder sowie eine Einmalzahlung von »3 X 300 Euro« für die letzten drei Jahre.
Ursache des Konfliktes zwischen der von SPD und LINKE geführten Landesregierung und den Gewerkschaften ist der seit 2003 geltende Sondertarifvertrag im öffentlichen Dienst. Mit diesem sind die Löhne und Gehälter um 8 bis 12 Prozent gekürzt worden, bei entsprechend reduzierter Arbeitszeit.
Kollegen wollen nicht länger verzichten
Seit Einführung des Sondertarifvertrages sind die realen Einkommen im öffentlichen Dienst Berlins zwischen 14 und 18 Prozent gesunken. Die untersten Einkommensgruppen sind laut der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di „mittlerweile auf Hartz-IV-Niveau.«
Um diesen Lohnverzicht durchzusetzen, ist der rot-rote Senat vor vier Jahren aus dem Arbeitgeberverband „Tarifgemeinschaft deutscher Länder« ausgetreten. Seitdem sind Berlins Landesbedienstete abgekoppelt von der Einkommensentwicklung in anderen Bundesländern.
Der Senat sagt, dass sich Berlin wegen der hohen Verschuldung Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst nicht leisten könne. Ver.di weist hingegen darauf hin, dass nicht die Arbeitnehmer die Stadt „ruiniert« haben, sondern „Bankenskandal, Fehlinvestitionen und unsinnige Umstrukturierungsmaßnahmen.« Außerdem haben sich die Einnahmen Berlins verbessert.
Protest auch aus Reihen der LINKEN
Mitglieder aus einigen Bezirksverbänden der LINKEN haben sich am heutigen Protest beteiligt. Dieser wird auch von mehreren Gliederungen der Partei unterstützt. In der Erklärung der LINKE-Arbeitsgemeinschaft „Betrieb und Gewerkschaft« heißt es zum Beispiel: »Wir kritisieren, dass es der SPD/DIE LINKE-Senat mit Zustimmung unserer drei SenatorInnen auf seiner Sitzung am 2. Oktober abgelehnt hat, den Landesbeschäftigten tarifliche Einkommenserhöhungen in Aussicht zu stellen.«
Weiter wird kritisiert, dass die LINKE-Vertreter im Abgeordnetenhaus auch weiterhin darauf bestehen, dass die Landesbeschäftigten verzichten. So fordert die Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm eine Neuauflage des Sondertarifvertrages. Die »AG Betrieb und Gewerkschaft« hingegen lehnt das ab. Sie erklärt: »Aus unserer Sicht kann die Position unserer Partei dabei nur lauten: abschlagslose Rückkehr in das Tarifgefüge und Abkehr von der Sparpolitik auf dem Rücken der Beschäftigten.«
Der Vorstand der LINKEN in Neukölln lässt den Hinweis des Senates auf die Verschuldung Berlins nicht gelten. Um die 60 Miliarden Euro Schulden Berlins zu tilgen, »wäre eine bundesweite Steuerreform« nötig. Diese müsste »die Reichen und Konzerne viel stärker für die öffentlichen Aufgaben« heranziehen, heißt es in einer Solidaritätserklärung, die an die Protestierenden verteilt wurde.
(Frank Eßers / Fotos: Yaak Pabst)
Mehr im Internet:
- AG Betrieb & Gewerkschaft: Die Neuauflage des Solidarpaktes ist unsozial