Während die Medien uns seit Wochen über die Drohungen Nordkoreas berichten, verschweigen sie meist die wesentlich gefährlichere Kriegsvorbereitung der US-Armee in Südkorea. Von Hans Krause
Niemand weiß, was der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un mit der Drohung eines »Atomangriffs auf die USA« bezweckt. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass die nordkoreanische Regierung oft mit Krieg drohte, ohne dass die Armee tatsächlich einen großen Angriff begonnen hat. Schon letztes Jahr behauptete die nordkoreanische Nachrichtenagentur, man befinde sich in der »landesweiten Vorbereitung für einen großen Krieg für die Wiedervereinigung Koreas«.
Sprache und Videos der nordkoreanischen Regierung wirken beängstigend. Neu und wesentlich gefährlicher sind jedoch die umfassenden Kriegsübungen der US-Armee in Südkorea. So gab es im August 2012 eine Übung von 80.000 südkoreanischen und US-Soldaten, in der zum ersten Mal ein unprovozierter Angriff der Artillerie in einem uneingeschränkten Krieg gegen Nordkorea simuliert wurde. Ein anderes Beispiel war letztes Jahr die größte Übung einer Landung von Kriegsschiffen, welche die beiden Armeen seit 20 Jahren durchgeführt hatten.
Atombomber startklar
Auch in der jetzigen Krise handelte die US-Regierung ungewöhnlich aggressiv. Es ist weiter unwahrscheinlich, dass die nordkoreanische Armee derzeit eine Atomrakete auf den Süden abfeuern kann.
Mit Sicherheit startklar sind jedoch die neu in Südkorea stationierten B-52- und B-2-Flugzeuge der US-Armee. Sie können jederzeit Atombomben abwerfen, ohne dass es den Nordkoreanern möglich wäre, sich zu verteidigen.
Neue Militärstrategie Obamas
Dass die Sprache der US-amerikanischen Regierungssprecher dabei weit weniger kriegerisch klingt als die der nordkoreanischen, sagt nichts über die tatsächlichen Absichten aus, Krieg zu führen. Bereits in den vergangenen Jahren hatte Präsident Barack Obama die Kriege in Irak und Afghanistan deutlich ausgeweitet und der Welt mit friedliebender Sprache weis gemacht, dies diene nur dem Frieden.
Der Wichtigste Grund für die Krise in Korea ist die neue Militärstrategie der US-Regierung Obamas. Er kritisierte bereits im Wahlkampf 2008 seinen Vorgänger George Bush dafür, sich mit den Kriegen in Irak und Afghanistan militärisch zu stark auf den Nahen Osten zu konzentrieren.
Konkurrent China
Obwohl europäische Medien ihn fortan zum Friedensengel erklärten, war Obamas Gegenvorschlag in Wirklichkeit äußerst aggressiv: den Schwerpunkt der US-Armee auf Ostasien und den Pazifischen Ozean zu setzen, um China militärisch direkt zu bedrohen.
Seit Obama Präsident ist, wird diese Strategie in kleinen Schritten umgesetzt: Ab 2016 werden mehrere tausend US-Soldaten dauerhaft in Australien stationiert. Ab 2020 liegen 60 Prozent der US-amerikanischen Kriegsschiffe im Pazifik.
Neue Stellvertreterkriege möglich
Unklar ließ Obama bisher, wo und gegen wen in Ostasien die US-Armee tatsächlich kämpfen soll. Ähnlich wie im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion von 1947 bis 91, ist heute ein direkter Angriff auf den Hauptgegner China extrem riskant und deshalb unwahrscheinlich.
Stattdessen haben die USA im 20. Jahrhundert bestehende militärische Konflikte genutzt, um in mit der Sowjetunion oder China verbündeten Staaten Krieg zu führen, wie etwa in Vietnam 1965 bis 75.
Ähnlich wie damals könnte die US-Regierung heute versuchen, mit China verbündete Staaten anzugreifen und ihre Regierungen zu stürzen. Einer der wenigen chinesischen Verbündeten in der Region ist Nordkorea, was das Land zu einem logischen Ziel für die USA macht.
China kritisiert Nordkorea
Zudem ist nahezu sicher, dass die chinesische Regierung in einem Krieg keine nennenswerte Hilfe für Nordkorea bereitstellen würde. Auch für sie ist es zu riskant, ihre Armee direkt gegen die US-amerikanische kämpfen zu lassen.
Deshalb hat am 7. April auch der chinesische Präsident Xi Jinping die nordkoreanischen Kriegsdrohungen kritisiert. Die mögliche Verteidigung Nordkoreas durch die chinesische Armee war in den vergangenen Jahrzehnten eine entscheidende Absicherung gegen Krieg, die jetzt wegfällt.
Atomwaffen sichern Kim Jong Un
Geht man davon aus, dass Kim Jong Un und die Generäle der Armee sich weniger um die bittere Armut der Nordkoreaner als um ihre eigene Macht kümmern wollen, ist für sie eine Bedrohung Südkoreas mit Krieg inklusive Atombomben ein nahe liegender Schritt.
Andere Diktatoren, die wie Saddam Hussein in Irak oder Muammar Gaddafi in Libyen keine Nuklearwaffen herstellen konnten, wurden von der US-Armee angegriffen und haben mit dem eigenen Leben dafür bezahlt.
Gefahr eines Krieges
Auch wenn die Regierungen der USA und Südkoreas zurzeit nicht angreifen wollen, macht die fortwährende Aufrüstung der US-Armee in der Region die Gefahr eines Krieges so groß wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Friedensverhandlungen werden dadurch im gleichen Maße schwieriger.
Ähnlich wie im 20. Jahrhundert droht der neue Kalte Krieg der USA gegen China, Millionen Menschen zu ermorden. Selbst dann wenn ein direkter Krieg der beiden Supermächte vermieden werden kann.
Konkurrenz im Kapitalismus
Solange die Welt von kapitalistischen Konzernen und Staaten beherrscht wird, schlägt ihre wirtschaftliche immer wieder in militärische Konkurrenz um. Ebenso wie die Welt im 20. Jahrhundert mehrmals am Rande eines Atomkrieges stand, gibt es auch heute keine Garantie, dass die schrecklichsten Waffen der Menschheit nicht irgendwann dafür eingesetzt werden.
Karl Marx beschrieb schon 1848 die »sozialistische Weltrevolution« als Alternative zu einem Kapitalismus, der die Welt zunehmend beherrscht. Er tat dies nicht nur, weil er sich den Sozialismus wünschte, sondern weil er seine globale Durchsetzung durch die Arbeiterbewegung für die einzige realistische Perspektive der Menschheit hielt. Möglicherweise ist diese Idee heute aktueller als je zuvor.
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