Egal wo: Gewerkschaften solidarisch gegen Lohnklau und Sozialabbau. marx21 dokumentiert das Flugblatt »Wir sind Griechen« von ver.di Baden-Württemberg.
Endlich haben wir die Schuldigen an dem ganzen Elend: es sind die »Pleite-Griechen«! »Über ihre Verhältnisse haben sie gelebt« – jedenfalls wenn es nach BILD & Co geht. Und für diese Schlamperei sollen jetzt »wir Deutsche« mit unserem Steuergeld zahlen!? Keine Rede mehr von der geplatzten Finanzblase, von einem Finanzsystem, das völlig aus dem Ruder gelaufen ist und die ganze Welt an den Rand des Abgrunds gebracht hat? Keine Rede mehr von der großen Gier, von Zockereien und Milliardenprofiten weniger auf Kosten der Allgemeinheit?
Hier versuchen die Verantwortlichen für diese größte Wirtschaftskrise seit 1929 von ihrer Schuld abzulenken, in dem sie die Opfer, nämlich ArbeitnehmerInnen und sozial Schwache weltweit zu Tätern machen. Prof. Hans-Werner Sinn z.B., einer der Propheten der freien Finanzmärkte und des Sozialabbaus: eigentlich hätte er längst den ideologischen Bankrott erklären müssen. Stattdessen versucht er die griechischen Kollegen zu Schuldigen zu machen: »Griechenland muss billiger werden. Die Löhne und Sozialleistungen dort sind raketenhaft gestiegen!« Wirklich? Nein!
Griechenland ist das Armenhaus der Eurozone. Der griechische Mindestlohn liegt gerade mal bei 51% des Durchschnitts der Eurozone, auch das Rentenniveau liegt fast um die Hälfte unter dem Durchschnitt. Ein Viertel aller griechischen Beschäftigten verdient weniger als 750€ netto im Monat und die Preise sind nicht viel anders als bei uns. Allerdings haben sich die griechischen Gewerkschaften in letzter Zeit erfolgreich gegen weiteren Sozialabbau und Lohndumping gewehrt, während bei uns die Agenda 2010, die Hartz-Gesetze und die Rente mit 67 durchgesetzt wurden. Nicht mit uns! Schluss mit diesem Unsinn! Diese Widerständigkeit wollen sie den Griechen nicht durchgehen lassen. In den Staub mit Ihnen! Ihre »Hausaufgaben sollen sie machen«, wie wir es mit der Agenda 2010 schon getan haben: Sie sollen auf bis zu 15% ihres Gehalts verzichten, Tarifverträge sollen entkräftet werden, der Kündigungsschutz durchlöchert, öffentliche Einrichtungen privatisiert werden.
Auf der anderen Seite sollen die Verbrauchssteuern so erhöht werden, dass das Leben um über 20% teurer wird.Und die Banken sind mal wieder fein raus. Ihre faulen Kredite an Griechenland sollen gerettet werden – auf Kosten unserer griechischen Kollegen und KollegInnen. Schluss damit! Die Agenda 2010 war der falsche Weg und die Agenda für die Griechen ist der falsche Weg! Wenn hier einer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, dann die Bundesregierung und mit ihr die internationale Politik!
Nichts haben sie unternommen um die gemeingefährlichen Amokläufe der Finanzmärkte in den Griff zu bekommen. Zum zweiten Mal lassen sie sich wie die Hasen über den Acker jagen. Die Banken machen schon wieder Riesenprofite mit den Rettungspaketen weltweit. Ihnen gehört der Gürtel enger geschnallt, nicht den Arbeitnehmern, Rentnerinnen und sozial Schwachen in Griechenland! Aus der Krise endlich Konsequenzen ziehen! Solidarität mit den griechischen KollegInnen! Nicht auf Eurem Rücken! Nicht auf unserem Rücken! Ein Grund mehr für unsere Krisenproteste im Juni.
Hier das Flugblatt als .pdf zum download
Mehr im Internet:
- Homepage von Ver.di Baden-Württemberg
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