Die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung wird auch unter Familienministerin Schröder das Leben von Millionen Frauen in Deutschland erschweren. Von Pazhareh Heidari
Wir helfen den Familien in Deutschland ganz gezielt da, wo sie Unterstützung brauchen«, behauptet Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Wie schon ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen vermarktet sie ihre Kürzungspolitik als Fortschritt – als Verbesserung für alle Frauen und Familien. Tatsächlich aber profitieren nur reiche und einkommensstarke Frauen.
Zielgruppe der derzeitigen Frauenpolitik sind die gut ausgebildeten, hochqualifizierten Mitarbeiterinnen, die von Unternehmen als wertvolle Ressource im internationalen Wettbewerb angesehen werden. Angelika Wetterer, Professorin für Soziologie der Geschlechterverhältnisse an der Universität Graz, umschreibt das Motto: »Die Arbeitszufriedenheit wächst, das fördert im nächsten Schritt Kreativität, Flexibilität und Leistungsbereitschaft, was wiederum dem Output zugute kommt und die Kosten senkt. (…) Ausgeblendet werden diejenigen, die nicht zu den ›Wertschöpfungsstarken‹ gehören, ausgeblendet wird die wachsende soziale Ungleichheit in globalem Maßstab und ausgeblendet werden die größer werdenden Ungleichheiten unter Frauen auch hierzulande, durchweg Themen also, die für die Gleichstellungspolitik heute zentrale Bedeutung haben.«
Einkommenssteuer: Die ab Januar 2010 geltenden Regelungen entlasten mittlere Einkommen nur geringfügig, hohe Einkommen stärker. Geringverdienende haben keine Vorteile. Laut einer Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Essen-Duisburg aus dem Jahr 2008 sind jedoch 68 Prozent aller Geringverdienenden Frauen.
Kindergeld und Unterhaltsvorschuss: Die Erhöhung fällt sehr bescheiden aus (20 Euro je Kind) und wird voll auf die Sozialleistungen angerechnet. Gerade diejenigen, die jeden Euro dringend nötig haben, gehen leer aus.
Der von Ministerin Schröder so bejubelte Unterhaltsvorschuss, den alleinerziehende Mütter oder Väter erhalten, wenn der andere Elternteil nicht genug Unterhalt zahlt, wird ebenfalls voll auf die Sozialleistungen angerechnet. Der Vorschuss ist zudem noch zeitlich begrenzt. Er wird höchstens 72 Monate lang gezahlt und auch nur bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes. Danach steht der alleinerziehende Elternteil, zumeist die Mutter, wieder finanziell allein da. Armut ist in einem solchen Fall vorprogrammiert.
Das noch von der Großen Koalition eingeführte Elterngeld stellt ebenfalls nur eine Verbesserung für einkommensstarke Frauen dar. Sie erhalten bis zu 1800 Euro monatlich (zwei Drittel des Einkommens) ausgezahlt. Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen erhalten dagegen nur 300 Euro – und das auch nur noch 12 anstatt der 36 Monate des vorherigen Erziehungsgelds. Das entspricht einer Kürzung von bis zu 3000 Euro.
Kindergartenplätze: Ab dem Jahr 2013 besteht theoretisch ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Dies wäre eine große Erleichterung für die 50.000 bis 60.000 Alleinerziehenden, die nur deshalb arbeitslos sind, weil ihnen keine angemessene Kinderbetreuung zur Verfügung steht. Allerdings sind nach Angaben des Deutschen Städtetages 10 Milliarden Euro nötig, damit die Kommunen die fehlenden öffentlichen Kindergärten finanzieren können. Angesichts der leeren Kassen ist es schwer vorstellbar, dass die schwarz-gelbe Regierung freiwillig ausreichend Geld für die Kinderbetreuung zur Verfügung stellen wird. Ihr Ausweg: Ab 2013 will sie ein Betreuungsgeld einführen, das direkt an die Familien ausgezahlt werden soll. Jörn Wunderlich, Bundestagsabgeordneter der LINKEN, steht dem skeptisch gegenüber: »Das Betreuungsgeld (…) ist fatal und diskriminierend – konservativer geht es eigentlich nicht mehr. Das Betreuungsgeld ist frauenfeindlich, bildungsfeindlich und wird verstärkt zum Ausstieg junger Frauen aus dem Berufsleben führen«, warf er im November der Bundesregierung vor.
Schwangerschaftsberatung: Die Regierung verspricht eine »Verbesserung der Beratung«. Tatsächlich stellt die Gesetzesänderung eine Verschärfung des §218 dar, der den Schwangerschaftsabbruch regelt. Um das ungeborene Leben sorgen sie sich, auch die Unterstützerin des evangelikalen »Christivals« Ursula von der Leyen – nicht aber um das geborene Leben: Etwa drei Millionen Kinder leben in Deutschland in Armut. Kürzungen in der schulischen Integration, bei den Kitas und bei Leistungen für Kinder mit Behinderung laden die Verantwortung auf dem Einzelnen ab. Angebracht wäre, die Lebenssituation junger Frauen zu verbessern und ein neutrales und ergebnisoffenes Beratungsangebot anzubieten. Stattdessen werden schwangere Frauen unter Druck gesetzt. Die Ärztinnen und Ärzte müssen die Gespräche dokumentieren und auf Verlangen einer Landesbehörde Informationen über den Inhalt und den Umfang der Beratung weiterleiten. Die Anonymität ist angesichts der geringen Anzahl an Spätabbrüchen in Deutschland (229 im Jahr 2008) nicht gewährleistet.
Kosten für Verhütungsmittel sind in den Hartz-IV-Leistungen nicht vorgesehen. Seit der Einführung von Hartz IV berichten Mitarbeiterinnen aus Beratungsstellen, dass die Anzahl der Frauen steigt, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft wünschen.
Löhne und Renten: Von Existenz sichernden Löhnen und Renten spricht die neue Bundesregierung gar nicht erst. Nicht sozialversicherungspflichtige, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse im Einzelhandel – einem der größten Arbeitgeber in Deutschland – haben um 23 Prozent zugenommen. 70 Prozent der im Handel Beschäftigten sind Frauen. Etwa 47 Prozent aller im Einzelhandel beschäftigten Frauen erhalten Niedriglöhne. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen und in den Abendstunden wird die Situation noch verschärfen. Denn sie führen zur Erhöhung der Betriebskosten – was wiederum zur Folge hat, dass die Unternehmen versuchen werden, das Geld über gekürzte Löhne wieder reinzuholen.
Auch Maßnahmen für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, werden unter Schwarz-Gelb indirekt gekürzt. Denn die Regierung plant nicht, den Ländern und Kommunen angesichts deren Finanzierungsschwächen bei der Erhaltung – geschweige denn beim Ausbau – von Frauenhäusern und Beratungsstellen unter die Arme zu greifen.
Ein Gleichstellungsgesetz, dass die Unternehmen in die Pflicht nähme, wurde schon unter Rot-Grün zugunsten einer sanften (und ergebnislosen) Selbstverpflichtung der Wirtschaft aufgegeben. Auch die jetzige Regierung hält an diesem Kurs fest. Sie verschärft Armut und Abhängigkeit von Frauen, indem sie entscheidende Maßnahmen nicht in Angriff nimmt und zugleich Leistungen zurückfährt. Notwendig wären aber vielmehr ein eigenständiges und ausreichendes Einkommen und die Unterstützung durch den Sozialstaat.
Zur Autorin:
Pazhareh Heidari ist Mitglied des Landesvorstandes der LINKEN in Hessen.