Allein am ersten Tag kamen 350 Teilnehmer zum Marx-is-Muss-Kongress in Berlin. Die Sprecher des Auftaktpodiums berichteten vom Widerstand gegen das marktliberale Europa in Griechenland, Spanien und Hessen.
»Sozialismus ist die Alternative der Zukunft« beschrieb Panagiotis Sotiris, Professor der Philosophie an der Universität der Ägäis die Situation in Griechenland. »Wir brauchen nicht nur Widerstand in Europa, sondern auch Widerstand gegen das Europa der Krise, der Kürzungen und der Kriege. Wir haben in Griechenland das sechste Jahr Rezession, die offizielle Arbeitslosigkeit beträgt 27 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit 60 Prozent.
Wir Griechen sind das Versuchskaninchen der europäischen Schocktherapie. Bei uns werden die Kürzungen ausprobiert, die in den restlichen Ländern Europas folgen sollen.«
Griechenland kämpft gegen Kürzungen
Sotiris berichtete auch, dass die Menschen in Griechenland weiter gegen die Kürzungen kämpfen: »Ein heldenhafter Kampf der Putzkräfte des Finanzministeriums hat das Ministerium immer wieder blockiert. Die streikenden Frauen haben einen Teilerfolg erreicht und sind Vorbild für viele andere. In Saloniki gibt es eine wichtige Bewegung gegen die Privatisierung der Wasserversorgung. In Nordgriechenland einen Kampf gegen den Abbau von Gold, der riesige Schäden für die Umwelt bedeuten würde.«
Bei den griechischen Europawahlen haben die konservative und die sozialdemokratische Regierungspartei zusammen gegenüber den letzten Wahlen 12 Prozent verloren. Die Sozialdemokraten sind im Vergleich zur letzten Europawahl von 44 auf 8 Prozent gefallen. Die Linkspartei »Syriza« ist mit 27 Prozent zum ersten Mal stärkste Partei geworden.
Neue Orte des Widerstands bilden
»Aber nach fünf Jahren des erfolglosen Kampfes hat sich auch Hoffnungslosigkeit breit gemacht«, so Sotiris. »Wir müssen neue Wege finden, Arbeitslose und Niedriglohn-Beschäftigte zu organisieren, die gezwungen sind, alles zu ertragen, nur um ihren Job zu behalten.
Je näher Syriza der Regierung kommt, desto weiter geht ihre Führung nach rechts. Wir müssen neue Orte für Diskussion und Organisation des Widerstands bilden, statt nur Wahlbündnisse zu schließen. Sonst enttäuschen wir die Menschen und rechtsradikale Parteien werden noch stärker.«
Erfolg von »Podemos« in Spanien
Mireia Gargallo von der revolutionären Organisation »En Lucha« erzählte aus Spanien: »König Juan Carlos ist zurückgetreten, um einen letzten Versuch zu unternehmen, das jetzige politische System zu retten. Denn am selben Tag demonstrierten tausende in Madrid für eine neue spanische Republik.
Die neue linke Partei »Podemos« wurde am 11. März gegründet und erreichte bei der Europawahl 8 Prozent. Sie hatte kaum Geld und wurde in den Medien nicht erwähnt. Aber sie war die Partei der Bewegung, die vor zwei Jahren in Dutzenden Städten Plätze besetzt hat, als Protest gegen Vernichtung von Arbeitsplätzen, Privatisierungen, Milliarden von Steuergeldern für die Banken und für ein anderes politisches System.«
Gargallo erklärte auch, dass die fünf Sitze im EU-Parlament nicht das Entscheidende am Wahlerfolg von »Podemos« sind. »Die Abgeordneten müssen eine laute Stimme für unsere Kämpfe auf der Straße sein. Wir müssen in die Offensive gehen, um das politische Regime in Spanien schachmatt zu setzen.«
Widerstand und Wahlerfolg
Die hessische LINKE-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler meinte, es sei kein Zufall, dass ausgerechnet in Griechenland und Spanien linke Parteien große Wahlerfolge erreicht hätten: »In beiden Ländern gab es dutzende Tage Generalstreiks. Wenn Menschen aufstehen und Hoffnung im Widerstand finden, können linke Parteien solche Wahlerfolge erzielen. Deshalb darf auch die deutsche LINKE kein Verein sein, der nur von Wahl zu Wahl hüpft.
DIE LINKE Hessen ist bei der Europawahl verglichen mit 2009 von 63.000 auf 103.000 Stimmen gewachsen. Und ich möchte all diese Wähler einladen, im Herbst an den Blockupy-Protesten in Frankfurt teilzunehmen. Den genauen Termin der Eröffnung des neuen Wolkenkratzers der Europäischen Zentralbank wird geheim gehalten. Das ist der erste Erfolg unserer Bewegung, weil es zeigt, wie viel Angst sie vor unserem Protest haben.«
Eigentumsverhältnisse überwinden
Wissler beschuldigte auch die europäischen Regierungen am Aufstieg der rechtsradikalen Parteien: »Man sollte niemals versuchen das Stinktier zu überstinken. Aber genau das tun die französische und auch die deutsche Regierung, die heute beschlossen hat, das Asylrecht weiter zu verschärfen. Mit ausländerfeindlicher Politik machen sie die rechtsradikalen noch stärker. Und auch in Deutschland haben wir mit der AfD jetzt eine starke rechtspopulistische Partei.«
»DIE LINKE muss weiter sagen: Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Nationalitäten, sondern zwischen oben und unten. Die Probleme in Europa sind eine Klassenfrage«, so Wissler. »Wir müssen vor allem die deutsche Regierung kritisieren. Sie ist Motor des Sozialabbaus in ganz Europa und in Deutschland selbst. Die Agenda 2010 hat die Kampfkraft der Gewerkschaften geschwächt und dasselbe versucht man jetzt in ganz Europa.«
Die Aufgabe der LINKEN ist laut Wissler, »die Resignation der Menschen zu überwinden. Wir dürfen nicht sagen: Wählt uns, dann machen wir das für euch. Sondern: Ihr müsst selber kämpfen und wir helfen euch dabei. Denn wir müssen die Macht- und Eigentumsverhältnisse in diesem Land verändern.«
Mehr Infos:
Der Marx-is-Muss-Kongress findet auch am 7., 8. und 9. Juni in Berlin statt. Kurzentschlossene sind herzlich eingeladen. Programm und alle Infos findet ihr hier: http://mim14.de.