Nach der Verhaftung von führenden Mitgliedern der faschistischen Chryssi Avgi fordern griechische Antifaschisten, ihre Helfershelfer in Staat, Politik und Wirtschaft zur Rechenschaft zu ziehen. marx21.de dokumentiert ein Statement der Sozialistischen Arbeiterpartei (SEK)
Antiterroreinheiten verhafteten Samstagfrüh in Griechenland führende Mitglieder der faschistischen Chryssi Avgi (CA, »Goldene Morgenröte«, darunter Nikolaos Michaloliakos und andere Parlamentsabgeordnete. Auf sie wurden Haftbefehle wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ausgestellt.
Die Sozialistische Arbeiterpartei (SEK) meint, dies sei »erst der Anfang« und ruft zu einer »antifaschistischen Säuberung« der Freunde der CA in den Chefetagen der Ministerien auf.
Antifaschistische Bewegung
Tausende Menschen machten ihrem Unmut nach der Ermordung antifaschistischen Musikers Pavlos Fyssas auf der Straße Luft. Seither sind mehrere hochrangige Polizeioffiziere zurückgetreten, andere wurden suspendiert und wegen vermuteter und direkter Verbindungen zur CA verhaftet.
Um die 200 Mitglieder der CA demonstrierten vor dem Polizeihauptquartier in Athen gegen die Verhaftungen. Allerdings legten am Mittwoch hunderttausende öffentlich Bedienstete in einem beispiellosen Streik gegen Nazi-Organisationen die Arbeit nieder. Am Abend versammelten sie sich zu riesigen Demonstrationen in Städten überall in Griechenland.
Die Regierung stürzen
Etwa 50.000 protestierten in Athen, darunter viele Arbeiterinnen und Arbeiter, die gegen die Kürzungen der Regierung streikten. Die überwältigende Mehrheit schloss sich einem Marsch auf das Hauptquartier der CA an und verließ ein Konzert, das von der größten linken Partei, Syriza, organisiert wurde.
»Überall waren Menschen auf den Straßen. Nazis raus aus den Betrieben wurde auf vielen Gewerkschaftsplakaten gefordert«, sagt Katerina Thoidou von der Vereinten Bewegung gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung (KEERFA). »Die Menschen wollen nicht nur die Auflösung der Goldenen Morgenröte, sie wollen auch die Regierung stürzen. Sie sind wütend auf die Regierung, die Gerichte und die Polizei, die sich so lange damit beschäftigten, die Goldene Morgenröte und ihre Attacken zu ignorieren.«
Statement
Die Verhaftung von Michaloliakos ist erst der Anfang der Zerschlagung der mörderischen Neonazi-Strukturen und ihrer Beschützer.
1. Die Festnahme von Michaloliakos, Kasidiaris und anderen Führern der Goldenen Morgenröte ist ein Sieg der großartigen antifaschistischen Bewegung, die nach dem Mord an Pavlos Fyssas auf der Straße mobilisiert hat. Sie bricht endlich die provokante Immunität von Neonazi-Mördern. Ihre Beschützer müssen jetzt so tun, als hätten sie einfach etwas später mit ihrer Verfolgung begonnen. Wir feiern diese Entwicklung und wir organisieren die nächsten Schritte.
2. Zuallererst fordern wir, die Zerschlagung über die ganze Breite und Tiefe des mörderischen Apparats auszudehnen. Die Mörder und ihre Anführer sind nicht nur 34 Personen. In jeder Nachbarschaft, an jedem Ort, wo die Goldene Morgenröte operierte, müssen diese Kreise vollständig aufgedeckt werden. Diese antifaschistische Säuberung muss Beamte der griechischen Polizei, die großzügig kooperiert haben, einschließen, Staatsanwälte, die ihre Pflichten verletzt haben, sowie die Geldgeber, die den mörderischen Banden ihre Mittel zur Verfügung stellen.
3. Gleichzeitig verlangen wir den Rücktritt all jener hochrangiger Beamten, die der Goldenen Morgenröte bereitwillig geholfen haben und die politisch dafür verantwortlich sind, dass sich die Neonazis und der Staat verflechten konnten. Wer hat den Cousin eines Mitglieds der Goldenen Morgenröte zu seinem Amt beim griechischen Geheimdienst (EYP) verholfen, in dem er dann in den Skandal um die Entführung von Pakistanis für Ex-Minister Voulgarakis im Jahr 2005 verwickelt war, wenn nicht Samaras selbst? Wer führte die Polizei an, wenn nicht Dendias? Die Koalition aus Pasok und Nea Dimokratia muss zurücktreten, anstatt weiter zu behaupten, die Anführer des »verfassungsgemäßen Spektrums« zu sein. Nicht nur, weil sie direkt in den Schutz der Nazis verwickelt ist, sondern auch weil sie den Weg für die Ausbreitung der Armut geebnet hat durch die Memoranden und ihr Schüren von Rassismus. Es ist die Regierung, die Schulen und Spitäler geschlossen hat und Konzentrationslager eröffnete. Es ist an der Zeit, dass sie geht.
4. Die Linke ist verpflichtet, an vorderster Front in diesen Kämpfen zu stehen, den Widerstand der Arbeiter gegen Kündigungen, Schließungen und Privatisierungen wegen der Memoranden mit dem antifaschistischen Kampf zu verbinden. Sie sollte eine starke Arbeiterbewegung gegen die Troika aus IWF, EU und EZB aufbauen, die zusammen mit lokalen Kapitalisten das System dirigieren, dass Krisen, Armut, Rassismus und Neonazis erzeugt. Die aktuellen Streiks sind in Verbindung mit den antifaschistischen Demonstrationen ein Zeichen, dass tausende Aktivisten sich in Richtung einer solchen Bewegung orientieren. Wir begrüßen die wegweisende Rolle von Antarsya sowohl an der Streikfront als auch im antifaschistischen Aufstand dieser Tage. Wir rufen alle dazu auf, sich in den Reihen von KEERFA zu sammeln, dem Bündnis, das der antifaschistischen Bewegung hier den Weg gebahnt hat. Die landesweite Versammlung und das internationale antifaschistische Treffen von 5. bis 6. Oktober sind Meilensteine, um die weitere Arbeit bis zum Sieg zu organisieren.
Athen, 28. September 2013, Zentralkomitee der Sozialistischen Arbeiterpartei (SEK)
Mehr auf marx21.de:
- Merkels Parteifreunde haben Blut an ihren Händen: Der Mord an dem Musiker Pavlos Fyssas zeigt, wie gefährlich die Nazis in Griechenland geworden sind. Sparpolitik und Rassismus der Regierung Samaras ebnen ihnen den Weg. Dafür trägt auch Angela Merkel die Verantwortung, meint Leo Fischer
- Kampf um mehr als Funk und Fernsehen: Mitte Juni hatte die griechische Regierung den staatlichen Rundfunk sowie das Fernsehen abgeschaltet. Sie kündigte ein kleineres, billigeres Staatsfernsehen an. Seither kämpfen die ehemaligen Angestellten um ihre Arbeitsplätze und erfahren viel Unterstützung. Panagiotis Sotiris über die anhaltenden Kämpfe, die Krise der Regierung und die Strategien der Linken