Die FDP verhindert eine Transfergesellschaft für die Schlecker-Frauen und ist auch noch stolz darauf. Kein Wunder, dass die Partei nur noch ein Prozent bekommt, meint Arno Klönne
Eine Partei, die selbst abgewirtschaftet hat und befürchten muss, demnächst in den Parlamenten nicht mehr vertreten zu sein, spielt sich als Retterin der Marktwirtschaft auf und verhindert, dass die Beschäftigten des insolventen Unternehmens Schlecker erst einmal durch eine Transfergesellschaft übernommen werden.
Der Bundesvorsitzende dieser Partei, zugleich Bundeswirtschaftsminister, streut die Behauptung unters Volk, auf diese Weise sei verhindert worden, dass ein marodes Unternehmen mit öffentlichen Geldern subventioniert werde – und außerdem hätten die nun in die Arbeitslosigkeit verdrängten Mitarbeiterinnen von Schlecker doch die günstigsten Möglichkeiten einer – wie er es nennt – »Anschlussverwendung«, die betreffende Branche habe unbesetzte Arbeitsplätze in großer Zahl im Angebot.
Banken freuen sich
Nichts davon trifft zu. Eine Transfergesellschaft übernimmt die Beschäftigten einer insolventen Firma und sie hat Anspruch auf Mittel aus dem Konkursvermögen derselben. Die Finanzzusagen der Bundesländer wären Bürgschaften gewesen, nicht Zuschüsse. Und sie wären nicht dem Restkapital von Schlecker, sondern den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugute gekommen.
Jetzt aber, die FDP-Minister haben es zu Wege gebracht, muss der öffentliche Haushalt ran – die Bundesagentur für Arbeit muss den Gekündigten Arbeitslosengeld zahlen. Freuen können sich die Banken. Sie allein bedienen sich nun als Gläubiger aus der finanziellen Hinterlassenschaft des Unternehmens Schlecker. Zugleich fördert der Vorgang die Konzentration in der Branche.
Zynische FDP
Zynisch ist der freidemokratische Verweis auf die »Anschlussverwendungs«-Chancen der bei Schlecker Entlassenen. Die Zahl der in dieser Branche Beschäftigung suchenden Arbeitnehmerinnen überwiegt bei weitem die Zahl der freien Arbeitsplätze.
Zum größten Teil handelt es sich in diesem Geschäftsfeld um weibliche, niedrig bezahlte Arbeit, weitgehend um Teilzeitbeschäftigung. Die FDP-Wirtschaftsminister tun so, als könnten diese Frauen, arbeitslos geworden, locker den Wohnort wechseln, wenn irgendwo ein paar hundert Kilometer entfernt denn doch eine andere Handelskette einen (wahrscheinlich befristeten) Arbeitsplatz zur Verfügung hat.
Nur ein Prozent
Auf rabiate Weise hat sich die FDP in dieser Sache über die Existenzinteressen derjenigen hinweggesetzt, die auf die kargen Löhne, die Schlecker ihnen zahlte, angewiesen sind. Offenbar erhoffen sich die freidemokratischen Parteistrategen dadurch wieder ansteigende Umfragewerte bei den viel besser Verdienenden, und zu diesem Zweck setzen sie ungeniert propagandistische Täuschungen ein.
Außer dem einen Prozent Besserverdiener braucht eine solche Partei niemand. Die Politprofis der FDP sollten sich über ihre eigene »Anschlussverwendung« Gedanken machen.
Kolumne »Klönnes Klassenbuch« auf marx21.de:
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