Die Steakhauskette Maredo möchte eine gut organisierte Frankfurter Filiale gewerkschaftsfrei bekommen. Jürgen Ehlers berichtet von der Solidaritätsarbeit seiner LINKEN-Gruppe
In der ersten Dezemberwoche des letzten Jahres erhielt ich einen Anruf eines Mitgliedes meiner LINKE-Stadtteilgruppe erhalten. Der Anruf alarmierte mich. Der Genosse hatte über eine Bekannte seiner Frau von skandalösen Vorgängen in einer Filiale der Maredo-Steakhauskette in der Frankfurter Innenstadt erfahren.
Dort sind Ende November 32 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die fast alle zwischen 20 und 30 Jahre dort beschäftigt gewesen sind, auf die Straße gesetzt worden. Ihnen wird vorgeworfen, den Betrieb bestohlen und betrogen zu haben.
Privatdetektive und Kameras
Um diese Vorwürfe konstruieren zu können, wurden zwei Privatdetektive in das Kollegium eingeschleust und Kameras im Restaurant installiert. Einmal abgesehen davon, dass dieses Vorgehen illegal gewesen ist, beweisen die so gesammelten Informationen gar nichts. Das wird aber erst im Frühsommer diesen Jahres vom Arbeitsgericht Frankfurt abschließend bewertet.
Der Geschäftsleitung von Maredo geht es darum, den Betrieb gewerkschaftsfrei zu bekommen und die Löhne zu drücken. Der Organisationsgrad lag in der Filiale bei 80 Prozent, sonst liegt er bei gerade einmal 5 Prozent und auf Grund ihrer langen Betriebszugehörigkeit verdienten die Mitarbeiter dort 9 Euro in der Stunde. Die jetzt neu eingestellten Arbeitskräfte müssen sich mit 7,50 Euro zufrieden geben.
Maredo gegen Betriebsrat
In der Vergangenheit hatte es, nach dem Verkauf der Steakhauskette durch die Alteigentümer an einen Fonds, immer wieder vergebliche Versuche gegeben, sich des engagierten Betriebsrates zu entledigen. Er musste ständig auf der Hut sein, um sich keine Blöße zu geben.
Unter Hinweis auf den hohen Anteil von Immigranten unter den Kollegen, wurde versucht die rassistische Karte zu spielen, um Zwietracht zu säen. Das das alles erfolglos blieb, hatte sich die Geschäftsleitung im November etwas ganz besonderes einfallen lassen.
Erpressermethoden
Um die Belegschaft einzuschüchtern, kam ein großer Teil der Führungsriege, einige waren sogar extra aus der Zentrale in Düsseldorf angereist, zusammen. Ein vorgetäuschter Stromausfall sorgte dafür, dass die letzten Gäste gingen, und anschließend wurde das Restaurant abgesperrt. Keiner konnte raus und durfte telefonieren.
Anschließend wurde mit dem angeblichen Beweismaterial und einer Anzeige gedroht, um gleichzeitig ganz gönnerhaft einen Ausweg anzubieten. Wer seine Eigenkündigung unterschrieb, dem wurde zugesagt, bis zum Sommer 2012 weiter sein Gehalt zu beziehen. Ein Erpressungsmanöver, dem 13 der 32 Kollegen nicht standhielten. Die restlichen 19, unter ihnen die drei Betriebsräte, blieben standhaft.
Solidarität der LINKEN
Das von der LINKEN ins Leben gerufene Solidaritätskomitee hat sich dieses Skandals angenommen. In Absprache und mit Unterstützung der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten haben wir begonnen, zusammen mit den Kollegen eine Öffentlichkeitsarbeit auf die Beine zu stellen.
Jeden Samstag haben wir uns mit Flugblättern, Unterschriftenlisten und einem Transparent vor die Filiale in der Innenstadt gestellt. Der Zuspruch der Passanten ist sehr hoch, obwohl die Filiale in dem Teil der Innenstadt liegt, in dem die Besserverdienenden ihr Geld ausgeben.
Alle kennen Niedriglöhne
Viele berichten von ähnlichen Erfahrungen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Es gibt zudem auf Grund der inzwischen zahlreichen Berichte über den immer weiter anwachsenden Niedriglohnsektor, den vielen prekären Beschäftigungsverhältnissen, den zahllosen unbezahlten Praktika und dem gezielten Mobben, um Mitarbeiter aus ihrem Job zu drängen, eine große Empörung.
Unser erstes Ziel haben wir bereits erreicht. Die gedemütigten Mitarbeiter von Maredo haben angefangen sich zu wehren und die gute Erfahrung gemacht, dass sie in der Öffentlichkeit Zuspruch erfahren. Dabei muss man bedenken, dass sie noch nie zuvor auf die Straße gegangen sind, um Flugblätter zu verteilen und Unterschriften zu sammeln. Für alle ist das ein großer Schritt.
Mitarbeiter ansprechen
Dem zweiten Ziel, für ihr Anliegen eine Öffentlichkeit herzustellen, sind wir ein ganzes Stück näher gekommen. Es gab inzwischen eine Kundgebung mit den Kandidaten von SPD, den Grünen und der LINKEN, denn in Frankfurt läuft zurzeit der Oberbürgermeisterwahlkampf.
Auch in Osnabrück versucht Maredo, sich einer Betriebsrätin zu entledigen, um endlich alle der gut 50 Filialen in Deutschland gewerkschaftsfrei zu bekommen. Wer in seiner Stadt eine Maredo-Filiale hat, an den die Bitte, die Mitarbeiter anzusprechen und auf den Konflikt in Frankfurt und Osnabrück aufmerksam zu machen.
Der Konflikt bietet auch eine Chance, über den Kampf gegen die Behinderung von Gewerkschaftsarbeit und die Lohndrückerei bei Maredo auch Mitarbeiter in anderen Betrieben anzusprechen – nicht nur, aber gerade auch in den Einkaufszonen der Innenstädte.
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