Volkhard Mosler spricht am Sonntag, 10. November auf der Frankfurter Marx-is-Muss-Konferenz über neue Ansätze linker Gewerkschaftsstrategien. Was das ist, erläutert er im Gespräch.
Marx21: Volkhard, was für »neue Ansätze« gibt es bei Gewerkschaftsstrategien?
In den letzten Jahren haben die Beschäftigten in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes und in anderen, privaten Dienstleistungsbereichen ungewöhnlich viel gestreikt. Diese Streiks sind oft nicht groß und werden von den Medien wenig beachtet. Aber insgesamt könnte es ein neuer Aufbruch sein.
Heißt das, die Streiks sind erfolgreich?
Manchmal, aber oft auch nicht. Die Streik-Kampagne im Einzelhandel dauert schon sechs Monate und die Unternehmen haben sich noch kein bisschen bewegt.
Was ist dann das Besondere?
Es sind oft Unternehmen, deren Beschäftigte seit Jahrzehnten nicht gestreikt haben. Einzelhandel oder Gastronomie spielten in der Gewerkschaftsbewegung bisher nur eine Nebenrolle. Jetzt versuchen gerade hier immer mehr Beschäftigte, sich zu wehren.
Wie kommt das?
Ein Hauptgrund sind die großen Lohnkürzungen im Niedriglohnbereich. In den letzten Jahren sind die Reallöhne durchschnittlich um 2 Prozent gesunken. Im Niedriglohnsektor, das sind 23 Prozent der Beschäftigten, wurden die Reallöhne hingegen um 15 Prozent gesenkt. Das steigert die Bereitschaft zum Widerstand.
Hast du das auch persönlich erlebt?
Ja. Ich habe mit anderen Mitgliedern der LINKEN Frankfurt mehrere Beschäftigte unterstützt, die von der Restaurant-Kette MAREDO entlassen wurden. Angeblich, weil sie alle im Restaurant gestohlen hatten.
Was war der wirkliche Grund?
Der wirkliche Grund ist fast immer derselbe: Die Löhne sollen gesenkt werden. Um die Löhne frei bestimmen zu können, muss ein Unternehmen alle gewerkschaftlichen Aktivisten aus dem Betrieb entfernen. Das hat MAREDO versucht.
Wer hat gewonnen?
Die Kampagne dauerte eineinhalb Jahre und wir haben 65 Kundgebungen vor dem MAREDO-Restaurant in der Frankfurter Fußgängerzone organisiert. Irgendwann hatte die Geschäftsführung die Schnauze voll und sie haben den entlassenen Beschäftigten eine Abfindung bezahlt, die sie sonst nicht bekommen hätten.
Hat es auch der LINKEN etwas genutzt?
Das hängt davon ab, was man für die Aufgabe der LINKEN hält. Durch die MAREDO-Kampagne haben wir auch Kontakt zu anderen Einzelhandel-Betriebsräten in der Frankfurter Fußgängerzone bekommen.
Konntet ihr auch andere betriebliche Konflikte unterstützen?
Als auch in Burger-King-Filialen Betriebsräte entlassen wurden, um die Löhne senken zu können, hat DIE LINKE Frankfurt in Absprache mit einigen Sekretären der für die Gastronomie zuständigen Gewerkschaft NGG ihre 10-Euro-Mindestlohn-Kampagne auf Burger King bezogen. Im Bundestagswahlkampf hat das perfekt gepasst.
Wir sind vor die Filialen gegangen und haben den Kunden und Pssanten erzählt, wie der Konzern seine Beschäftigten behandelt. DIE LINKE hat hier eine wichtige Aufgabe, Unterstützung für gewerkschaftliche Aktivisten zu organisieren.
Volkhard Mosler ist aktiv in der LINKEN Frankfurt und Redakteur des Journals theorie21. Er spricht am 10. November in Frankfurt auf der Konferenz Marx-is-Muss.
Interview: Hans Krause