Spaß hat es nicht gemacht, dieses Buch zu lesen, aber unser Autor Jan Maas konnte es trotzdem nicht aus der Hand legen. »Outlaw Ocean« versammelt Reportagen des US-amerikanischen Journalisten Ian Urbina, die zum größten Teil in der »New York Times« erschienen sind. Was sie verbindet, ist ihr Schauplatz: die hohe See.
Die hohe See beginnt nach der 200 Seemeilen (ca. 360 Kilometer) breiten Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), in der Küstenländer noch in begrenztem Maß Hoheitsrechte ausüben. Jenseits dieser Grenze herrscht die »Freiheit der See«. Was das unter kapitalistischen Bedingungen bedeutet, ist kaum überraschend, aber dennoch bewegend.
»Freiheit der See« im Kapitalismus
Urbina hat jahrelang an Bord recherchiert. Was er erzählt, strotzt vor Leben – und Tod. Er begleitete somalische Fischer und Piraten ebenso wie die winzige Küstenwache von Palau, die sich gegen fremde Fischereiflotten in ihrer AWZ zu wehren versucht. Er traf Menschenhändler in Thailand, die Fabrikschiffe mit Arbeitskräften versorgen, und Geflüchtete, die auf hoher See entdeckt und auf Flößen ausgesetzt wurden.
Doch die hohe See ist auch Schauplatz von Widerstand. Eine niederländische Ärztin beispielsweise läuft mit ihrer Segelyacht Häfen in Ländern an, in denen Abtreibung verboten ist, nimmt Frauen an Bord und führt den Eingriff dann in internationalen Gewässern durch. Auch für solche Geschichten lohnt es sich, »Outlaw Ocean« zu lesen. Eine letzte Bemerkung: Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, über die Qualität der Übersetzung kann ich daher nichts sagen.
Das Buch:
Ian Urbina
Outlaw Ocean. Gesetzlose See
Topics / Amazon Publishing
2019
558 Seiten
12,99 Euro
Foto: Amazon